Politische Willkür, Machtmissbrauch und ein letzter Glanz vergangener Zeiten trafen in der Affäre Herberstein aufeinander. Die Landesregierung der Steiermark, auch unter ÖVP-Dominanz der Republik verpflichtet, ging eine intensive Beziehung mit den letzten Ausläufern des oststeirischen Landadels ein. Im Zentrum standen die angeheiratete Gräfin Herberstein und ein Förderungsprojekt als Fass ohne Boden. Andrea Untersteiner, aus Salzburg stammende Tochter eines ehemaligen Polarforschers, heiratete mit Mitte Zwanzig Graf Otto Herberstein. Der betrieb schon damals einen kleinen Tierpark auf seinem Anwesen Herberstein im oststeirischen St. Johann. Andrea Herberstein wurde schon bald zum gern gesehen Gast in der besseren Grazer Gesellschaft und bei den politisch Mächtigen.
ÖVP-Landeshauptmann Krainer unterstützte Herbersteins Projekte
So wurde auch der damalige ÖVP-Landeshauptmann Josef Krainer auf Herberstein aufmerksam. Als sie das Projekt „Styriarte“ begründete, wurde es von der ÖVP-dominierten Kulturverwaltung nach Kräften unterstützt. Inzwischen emanzipierte sich Herberstein. Sie ließ sich scheiden, gab nach einigen Jahren die Leitung der „Styriarte“ auf und übernahm für ihre Kinder die Verwaltung von Schloss und Tierpark Herberstein. Ihre alten Verbindungen in die steirische ÖVP waren dabei von Vorteil. Für den Ausbau und die Erweiterung des Projekts Herberstein flossen ab Ende der achtziger Jahre die Fördermittel des Landes reichlich.
6,35 Millionen Euro Förderungen hielten Herberstein am Leben
Ab 1986 flossen nicht weniger als 6,35 Millionen Euro aus Landesmitteln nach Herberstein. Ein komplexes Mixsystem aus Subventionen, einer stillen Landesbeteiligung und anderen Förderungen machte das Projekt für die Kultur- und Tourismusförderungsverwaltung der Steiermark zusehends unübersichtlich. Doch sowohl ÖVP-Landeshauptmann Krainer als auch seine Nachfolgerin Waltraud Klasnic hielten viele Jahre ihre schützende Hand über das Projekt und die befreudete Gräfin. Nachdem die Steiermark sich zwar mit großen Summen engagierte, aber keine wirkliche Mitsprache hatte, erging 2004 der Auftrag vom Landtag an die Landesregierung, einen neuen Vertrag auszuhandeln. Damit war Feuer am Dach der stillschweigenden Symbiose zwischen den Herbersteins und der Landes-ÖVP.
Causa Herberstein wird Desaster für ÖVP
Es kam zum Konflikt. Bald war klar, dass Herberstein den Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten kann. Im anlaufenden Landtagswahlkampf wurde die Unterstützung Herbersteins durch das Land zum Politikum. Es folgten Vorwürfe der zweckwidrigen Verwendung von Fördermitteln und weiterer Unregelmäßigkeiten bei der Finanzgebarung, die schlussendlich auch zu Strafverfahren gegen Andrea Herberstein führten. In weiterer Folge verlor Waltraud Klasnic unter anderem auch wegen der Affäre Herberstein, die als Symbol einer abgehobenen Förderpolitik galt, Mehrheit und Landeshauptmannsessel an die SPÖ.
Strafgerichte und U-Ausschuss sehen Schuld
2006 versuchte ein Untersuchungsausschuss im steirischen Landtag, die Unregelmäßigkeiten um Herberstein aufzuklären. Die ÖVP wehrte sich nach Kräften, sodass die übrigen Landtagsparteien gegen die Stimmen der ehemaligen Landeshauptfraupartei die „Hauptverantwortung bei Klasnic und der ÖVP“ festhielten. Gegen Andrea Herberstein wurde ein jahrelanges Strafverfahren geführt, dass erst 2011 vom Obersten Gerichtshof mit einem Straferkenntnis von 21 Monaten, davon acht Monate unbedingt, gegen die ehemalige Schlossherrin endete.
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