Der BAWAG-Prozess ist vorige Woche in die zweite Runde gegangen. Notwendig wurde dies, da wesentliche Teile des ersten Urteils aus dem Jahre 2008 unter der nachmaligen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner durch den Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben worden waren. In einer neuerlichen Gerichtsverhandlungen sollen nun der Investmentbanker Wolfgang Flöttl und das BAWAG-Management neuerlich darüber Auskunft geben, wie die seinerzeitigen Spekulationsverluste eigentlich passieren konnten. Spannend ist dabei vor allem die Frage, ob Flöttl wirklich das gesamte BAWAG-Geld verspekuliert und wer im Gegenzug von den Spekulationen profitiert hat. Der ehemalige BAWAG-Generaldirektor Helmut Elsner ging kürzlich mit Informationen an die Öffentlichkeit, wonach sich der Investmentbanker Flöttl selbst bereichert habe und in Wahrheit gar keine so hohen Verluste eingetreten seien. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die Justiz legt insgesamt kein großes Interesse an einer tatsächlichen Aufklärung an den Tag.
FPÖ-Obmann Strache stellt kritische Fragen
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Anknüpfend an diese Diskussionen stellte FPÖ-Obmann HC Strache parlamentarische Anfragen an die ÖVP-Ministerinnen Maria Fekter und Beatrix Karl. Strache möchte von Finanz und Justiz in insgesamt 182 Fragen wissen, wo das Geld der BAWAG geblieben ist und ob sich BAWAG-Management, der Ex- BAWAG Eigentümer ÖGB und die Republik Österreich auch entsprechend für eine Auffindung und Rückholung der BAWAG-Milliarden stark gemacht haben. Urkunden und Zeugenaussagen aus den USA legen nahe, dass man vorschnell und auf untauglicher Grundlage 2006 einen Vergleich mit den Refco-Gläubigern abgeschlossen hat. Nachforschungsaufträge wegen Flöttls Vermögen sollen ebenfalls ohne Grundlage gestoppt worden, Detektivberichte gar nicht mehr behoben worden sein.
Finanzministerin soll Spekulation nachvollziehbar machen
In insgesamt 112 Fragen an ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter möchte Strache unter anderem Auskunft darüber, wie hoch die tatsächlichen Spekulationsverluste der BAWAG waren, bei welchen Investmentgesellschaften und an welchen Börsen diese stattgefunden hatten. Interessant ist für Strache auch, wie im zuständigen Finanzministerium mit der BAWAG-Causa bei der Erhebung, Bewertung und Akzeptanz der Verluste tatsächlich umgegangen wurde. Aktenzahlen, Sachbearbeiter und allfällige politische Weisungen sollen hier vom seit vielen Jahren in ÖVP-Hand befindlichen Finanzressort offengelegt werden
Justizministerin zu Desinteresse an Aufklärung befragt
ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl wird darüber hinaus zu dem durch die Justizbehörden an den Tag gelegten Desinteresse an einer Aufklärung der Spekulationsverluste befragt. So will Strache wissen, welche Rolle der nunmehrige Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny und SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundsdorfer als Verantwortliche in BAWAG und ÖGB beim Refco-Vergleich spielten. Vor allem die Aussagen des Hauptvertreters der Refco-Gläubiger in den Vereinigten Staaten, John P. Coffey, im Zusammenhang mit der Haltung der österreichischen Seite sind hier von Interesse.