Ingrid Brodnig (links) ist die journalistische Zeremonienmeisterin der Kampagne “gegen Hass im Netz”. Ein Probelauf fand schon letzte Woche bei der SPÖ statt (Bild). Am Montag schloss sich auch der Koalitionspartner ÖVP an.

5. Juli 2016 / 01:11 Uhr

“Gegen Hass im Netz” oder: Das System sucht den gemeinsamen Außenfeind

In Großbritannien stimmt eine knappe Mehrheit für den Abschied aus der EU. In Österreich wählt rund die Hälfte der Bürger den Kandidaten der patriotischen Opposition. Ob knapp mehr oder weniger als die Hälfte, ist nicht bekannt, weil die Wahl wegen des massiven Bruchs manipulationsverhindernder Gesetze wiederholt werden muss. Auch in Frankreich, Deutschland und zahlreichen anderen Staaten erstarkt die freiheitliche Opposition.

Streit in Brüssel und in Wien

In Brüssel streitet man indessen, ob man die Brexit-Gelegenheit nutzen soll, den Schritt zum europäischen Einheitsstaat zu vollziehen, so lange man dafür noch Mehrheiten hat. Das Durchpeitschen von CETA vorbei an den nationalen Parlamenten ist dafür der Testlauf. In Österreich streitet man ebenfalls, kann sich jedoch nicht einmal einigen, wie man die Wahlgesetze ohne weitere Blamage ordnungsgemäß vollziehen kann. Die zu Mittelparteien geschrumpften Teile der Regierung zanken sich seit Jahren über alles und jedes – egal ob die Protagonisten Spindelegger oder Mitterlehner, Faymann oder Kern heißen.

Regierungstreue Medien verlieren ihre Kraft

Die von der Regierung für die „Wahrheitsverkündung“ üppigst alimentierten Medien leiden unter massivem Leserschwund. In den immer bedeutender werdenden sozialen Medien spielen sie nur noch eine Nebenrolle. Kaum noch jemand liest dort Kurier oder profil. Den Staatssender ORF schauen viele nur noch, um ihr längst mit gutem Grund gefälltes Urteil über dessen fehlende politische Objektivität bestätigt zu sehen.

Flehentlicher Appell der Mainstream-Medien: Glaubt uns doch!

Kurz gesagt: Man kann dem System beim Scheitern zusehen und das auf allen Ebenen. Höchste Zeit für den Befreiungsschlag. Neo-Kanzler Kern hofft nun, den Stein der Weisen entdeckt zu haben. Seit er regiert, dreht sich alles nur noch um „Hass im Netz“ – Das System sucht den gemeinsamen Außenfeind. „Gesellschaftlich und politisch“ will man jetzt dagegen vorgehen. Am Montagabend verliehen bei einer vom Magazin profil und der Zeitung Kurier organisierten Diskussion gleich vier Regierungsmitglieder dieser Initiative Gewicht: Justizminister Brandstetter, Familienministerin Karmasin (beide ÖVP) sowie Gesundheitsministerin Oberhauser und die für „Digitales“ zuständige Staatssekretärin Duzdar (beider SPÖ). „Medien müssen wieder als Anker funktionieren“, formuliert der Chefredakteur des Online-Kurier, Stefan Kaltenbrunner, einen geradezu flehentlichen Wunsch (ans Christkind?)

Wer nicht dazu gehört, ist kein Medium

Medien, das sind natürlich nur die „Guten“, die mit Abermillionen aus Regierungshand finanzierten Berichterstatter, die funktionieren, wie die Mächtigen es wollen. Wer nicht dazu gehört, ist kein Medium. Das sind dann „unseriöse Quellen wie zum Beispiel unzensuriert.at“, wie es am Montag Ingrid Brodnig in einem, die Regierungskampagne begleitenden Zeit-im-Bild-Beitrag formulierte. Brodnig, vom ORF als „Expertin für soziale Medien“ vorgestellt, ist in Wahrheit profil-Redakteurin. Dort hat sie bereits mehrmals über unzensuriert.at geschrieben – wie unseriös, das haben wir in einem Fall mittels einer detaillierten Textanalyse festgehalten.

Erfundene Vergewaltigung: Artikel in Mainstream-Medien weiter online

Überaus praktisch, dass sich am Tag der prominent besetzten Podiumsdiskussion eine angebliche Vergewaltigung einer 13-Jährigen im Freibad von Mistelbach als erfunden herausstellte. Das gab Gelegenheit, den Hass insbesondere auf unzensuriert.at in den Hauptnachrichten des ORF-Fernsehens zu thematisieren und zu dramatisieren. Wir haben den Artikel, den wir über den Vorfall verfasst hatten, vorerst offline geschaltet. Nicht so übrigens die Zeitung Österreich. Dort steht er nach wie vor – ohne Hinweis auf die aktuellen Entwicklungen – im Netz. Und darunter findet sich – wohl bezogen auf die im Text ebenso erwähnten Asylwerber – folgendes Posting:

Können wir unsere Kinder(egal wie alt) bald nirgends mehr allein lassen wegen diesem Gesindl? Sollten alle Badeverbot bekommen. Aber da werden noch Schwimmkurse und sonst Hilfe angeboten. TYPISCH für unsere "Alles herein Schwätzer".

Ebenfalls unveränderte Artikel – wenn auch ohne Kommentare – finden sich auf den Seiten der Bezirksblätter, bei den Oberösterreichischen Nachrichten und – Überraschung! – beim ORF Niederösterreich. Gelöscht hat hingegen ihren Artikel die Kronen Zeitung, die im ORF-Beitrag vom Montag auch nicht gerade gut wegkommt.

Linksextremer und islamischer Hass sind kein Thema

Die Kampagne unter dem Hashtag #GegenHassimNetz wird uns gewiss noch lange begleiten. Man darf auf die ersten Regierungsinserate gespannt sein, mit denen sich die Ministerien bei den die Kampagne tragenden Medien bedanken werden. Eines wird jedoch unter Garantie nicht passieren: Vom weit verbreiteten linksextremen Hass gegen Polizei oder „Rechte“, vom islamischen Hass auf den westlichen Lebensstil und das Christentum werden wir nichts erfahren. Oder frühestens dann, wenn der Hass sich nicht mehr auf Postings beschränkt, sondern mit Steinen oder Bomben auf die Straße getragen wird.

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