SPÖ-Kanzler Christian Kern gegen das eigene Volk. So lautet das Match beim CETA-Volksbegehren. Denn der SPÖ-Parteichef hatte vergangenen Oktober dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada nach einem Umfaller zugestimmt. Nachträgliche Zusatzerklärungen genügten ihm für sein Ja. Doch nun widerspricht ein Gutachten Kerns "erklärenden Passagen" – und deshalb stellen sich fünf SPÖ-Europaparlamentarier gegen die Linie ihres Chefs.
Gutachter: "Keinesfalls vorbehaltlos" annehmen
Das profil berichtet über ein Gutachten des Politologen und Europaexperten der Universität Innsbruck, Andreas Maurer, der der SPÖ-Delegation im EU-Parlament empfiehlt, dem Vertrag mit der Zusatzerklärung "keinesfalls vorbehaltlos" anzunehmen. Das Rechtsgutachten haben die roten EU-Abgeordneten selbst in Auftrag gegeben. Nun sagen sie Nein zu CETA – die Zusatzerklärungen zum Vertrag, die Kern zum Schwenk veranlassten, seien nicht ausreichend, erklärt die handelspolitische Sprecherin der SPÖ in Brüssel, Karoline Graswander-Hainz, gegenüber profil.
Zusatzerklärung nur eine Beruhigungspille
Nicht einmal in SPÖ-Kreisen vertraut man also Kern, dass in dieser Zusatzerklärung Relevantes drinsteht. Quer durch die Genossen ist der Zweifel groß, ob der Inhalt dieses Beipackzettels verbindlich ist. Eher wird dieser Zusatztext als Beruhigungspille verstanden, der eine Menge an Interpretationen offen lasse.
Warum SPÖ-Kanzler Kern plötzlich zum CETA-Fan und Brüssel-Ja-Sager wurde, bleibt ein Rätsel. Dass nämlich CETA in der SPÖ überhaupt nicht gut ankommt, bekam Kern bei einer Mitgliederbefragung klar ausgerichtet. Zuvor war es ausgerechnet Christian Kern in seinen Anfangstagen als SPÖ-Chef, der sogar eine Kampagne gegen CETA lancierte.
Bis Montag Volksbegehren gegen CETA!
Kerns Umfaller hat nun eine seltene Allianz gegen das Freihandelsabkommen mit Kanada gebildet. Beim Volksbegehren gegen CETA marschieren Gewerkschafter, SPÖ-Bürgermeister, Freiheitliche, Grüne und Umweltschützer Seite an Seite. Am Montag endet die Eintragungsfrist für das Anti-CETA/TTIP-Volksbegehren. Allein in Wien sollen schon 60.000 Menschen unterschrieben haben. Experten schätzen, dass das Begehren sogar mehr als 300.000 Unterschriften erreichen kann. 100.000 sind notwendig, damit das Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden muss.