Christian Lindner wurde gestern, Freitag, auf dem 70. FDP-Parteitag in Berlin mit 86,64 Prozent in seinem Amt als FDP-Vorsitzender bestätigt. Im Vergleich zur letzten Wahl verlor er zwar fünf Prozent an Zustimmung, sieht aber im Wahlausgang ein “tolles Ergebnis”, das ihn motiviere, weiterzumachen.
Kein Wort zum wichtigsten Hauptthema
Lindner, der sich nach der letzten Bundestagswahl Merkels Wunschkoalition aus Unionsparteien, Grünen und FDP verweigert hatte, wandte sich in einer eineinhalbstündigen Rede an seine Parteimitglieder. Das alle Bürger bewegende Hauptthema der orientalischen und afrikanischen Landnahme und ihrer Folgen sprach er jedoch mit keinem Wort an. Unter Voranstellung des Angriffs auf grüne Unmöglichkeiten wurde das Thema geschickt, aber ohne Erfolg umschifft.
Doch ohne plausible Darlegung des weiteren Umgangs mit dem nicht enden wollenden Migrantenstrom bleibt die FDP die Antworten auf die aktuell wichtigsten politischen Fragen schuldig. Mit dieser Strategie, das wichtigste Thema einfach nicht anzusprechen, findet sie sich im Kreise aller übrigen Systemparteien wieder. Gesellschaftspolitisch bietet sie daher keine Alternative.
Warnung vor Einschränkungen individueller Freiheiten
Viel Vernünftiges sagte Lindner zu den immer skurrileren Forderungen der “Fridays for Future”-Kinder. Er warnte eindringlich vor Einschränkungen individueller Freiheiten im Namen des Klima- und Umweltschutzes:
Wenn Verhältnismäßigkeit keine Rolle mehr spielt, wenn es nicht mehr eine Rolle spielt, auch Ziele wie Wohlstand oder individuelle Lebensführung zu sichern, dann ist das eine Form des ökologischen Autoritarismus.
Hohe Steuerbelastungen durch “Fridays for Future”-Forderungen
Die FDP setzt im Umwelt- und Klimaschutz auf die Innovationskraft der Wirtschaft und nicht auf Verbote und Regulierungen. So müsste eine vierköpfige Familie allein 8.000 Euro pro Jahr für den CO2-Ausstoß bezahlen, wenn es nach den Forderungen von “Fridays for Future” ginge.
Diese Bewegung argumentiere “hypermoralisch”. Und ausgerechnet diejenigen, denen ihr Protest gelte, hofierten das Engagement besonders. Für Lindner ist das “opportunistisch”.
Enteignungen – bauen statt klauen
Das Ansinnen in Berlin, Wohnungsunternehmen zu enteignen, hält Lindner für “eine Form der Entmenschlichung”. Denn es werde nicht mehr über diejenigen gesprochen, denen diese Unternehmen gehören oder wer da beschäftigt ist, sondern anonyme Mächte als Gegner konstruiert, wo die Enteignung offenbar leichter fällt. Lindner pariert den Enteignungsgelüsten der Linken mit dem Slogan: “Bauen statt Klauen” und erntete dafür großen Beifall von den Parteitagsdelegierten.
Bildung, Marktwirtschaft, Verhältnis zu China
In seiner weiteren Rede warnte Lindner vor Kürzungen im Bildungsbereich – Dauerphrase jeder Partei. Der aktuellen Regierung und vor allem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warf der FDP-Chef vor, mit seinem Papier zur Industriepolitik der Bundesregierung in die Planwirtschaft abzurutschen. Außenpolitisch warnte Lindner vor einem starken China. Dieses wolle seiner Meinung nach “ein globaler Hegemon werden” und sein wirtschaftspolitisches System exportieren: statt freier Marktwirtschaft, Planwirtschaft und Kontrolle.
In vielen Punkten argumentierte Lindner sehr vernünftig. Aber bisher zeichnete die FDP aus, dass sie ihre Positionen für tagespolitischen Opportunismus immer wieder über Bord warf. Daher bleibt als Resümee des FDP-Parteitags: “Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“