Patricia R. kann es noch immer nicht fassen: Nachdem sie ihre zweijährige Tochter Irene (Name der Red. bekannt) am 3. August von der “Kindergruppe Rosi” in Wien-Rodaun abgeholt hat, bemerkt sie beim Duschen des Kindes daheim, dass dessen ganzer Körper mit blauen Flecken und Hämatomen nur so übersät ist (siehe Bilder oben). Ein Anruf bei der Betreuerin der Kindergruppe Tags darauf bringt keine Klärung, im Gegenteil – man streitet jeglichen Zusammenhang damit ab und meint sogar, die Mutter müsse etwas damit zu tun haben und kündigt ihr fristlos. Nun liegt der pikante Fall bei der Staatsanwaltschaft.
“Wir glaubten, das sei eine ganz normale, private Kindergruppe”
Zur Vorgeschichte: Patricia R. und ihr Mann, beide berufstätig, leben in Wien-Liesing und suchen im Sommer 2016 eine Kinderbetreuungseinrichtung. Sie finden die private Kindergruppe Rosi an der Breitenfurter Straße 415 und bekommen für Irene einen Platz in der Kleinkindergruppe (sechs Monate bis drei Jahre). “Über die Betreiber erfuhren wir zunächst gar nichts, es stellte sich lediglich eine Karla Aufner als Leiterin und Ansprechpartnerin vor. Wir gingen davon aus, dass es sich hier um eine normale, private Kindergruppe handelt”, erzählt Frau R., die zunächst froh ist, überhaupt einen Platz in Wohn-Nähe gefunden zu haben.
Doch die vermittelte heile Kindergruppen-Welt bekommt Risse. “Immer wieder hatte Irene beim Abholen völlig durchnässte Windeln oder war total mit Rotz und Schleim im Gesicht verpickt”, erinnert sich Frau R. Als sie sich beschwert, wird – nur für sie – eine eigene Liste geführt, auf der sie täglich beim Abholen um 16.00 Uhr unterschreiben muss, dass ihr Kind “O.K.” ist.
“Puls4” recherchiert polizeibekannten Türken als Betreiber
Nach der mutmaßlichen Misshandlung der Tochter bringt R. den Fall an den Privat-Sender “puls4”, der am 8. August einen “News”-Beitrag darüber ausstrahlt. Die “puls4”-Mitarbeiter hatten recherchiert und berichteten, dass die Kindergruppe von zwei Türken betrieben wird, einer davon namens Nihat Ö. soll als Mitarbeiter der MA 48 (Wiener Müllabfuhr, Anm. d. Red.) einen Kontrahenten mit einer Waffe bedroht haben und polizeibekannt sein.
Im “puls4”-Beitrag erfährt man von einer interviewten “Rosi”-Mitarbeiterin auch, dass die für Irene zuständige Tante Renate unter Depressionen leide und gegenüber dem Kind aggressiv geworden sein soll. Auch um die pädagogische Ausbildung soll es nicht weit her sein – die soll in einem zweiwöchigen AMS-Kurs erworben sein.
Zahlreiche Prellungen und Quetschungen
Doch zurück zum Donnerstag, dem 3. August: Nachdem sie die Misshandlungsspuren an ihrer Tochter festgestellt haben, begeben sich die geschockten Eltern mit Irene ins Unfallkrankenhaus Meidling, wo man zahlreiche Prellungen und Quetschungen, aber zum Glück keine inneren Verletzungen oder Gehirnerschütterung diagnostiziert.
Weil die Kindergruppe dazu keine plausible Erklärung abgibt, die Betreiber nicht mit der Mutter sprechen wollen und sogar eine fristlose Kündigung aussprechen, ruft Frau R. die Polizei: “Die war nach fünf Minuten da, hat Irenes Verletzungen fotografiert und uns für Montag zum Amtsarzt bestellt.” Nach einem bangen Wochenende, an dem das Kind vor lauter Schmerzen nicht einmal sitzen kann, aber auch nicht über die Misshandlung redet, sonder nur monoton sagt “Rutsche gefallen”, als ob ihr das jemand eingebläut habe, erklärt der Amtsarzt der Mutter, dass dieses Ausmaß an Verletzungen ganz sicher nicht durch einen einzigen Sturz von der Rutsche oder von sonstwo hervorgerufen worden sein kann.
Kindergruppe zeigt Mutter an, Jugendamt schaltet sich ein
Kurze Zeit später meldet sich das Liesinger Jugendamt (MAG 11) bei Frau R. und zitiert sie ins Amtshaus. Dort wird ihr mitgeteilt, dass seitens der Kindergruppe Rosi eine Anzeige gegen sie wegen Kindesmisshandlung erstattet worden sei – allerdings erst vier Tage nach der Tat. Der Beamte glaubt daher zunächst, dass die Misshandlung gerade erst geschehen sei und will das Kind sehen, was auch geschieht.
MAG-11-“Befund”: Blaue Flecken durch Obstmücken oder Leukämie
“Das war ein richtiger Zirkus, der Mann wollte mir nicht glauben und hat dann begonnen aufzuzählen, was alles passiert sein könnte – von der Rutsche gefallen, im Stiegenhaus gestürzt und solchen Unfug. Schließlich meinte er gar, Irene sei vielleicht von Obstmücken gestochen worden oder habe Leukämie”, erinnert sich Frau R. entsetzt. “Ich war total verunsichert und bin mit meiner Tochter sofort ins Krankenhaus Mödling zu einer Blutuntersuchung gefahren – Diagnose: Irene ist, abgesehen von den Misshandlungsspuren, kerngesund!”
Jugendamt will Fall herunterspielen
Der Befund wird dem Jugendamt übermittelt – doch dort lässt man nicht locker. Auch ein anderes Referat in der Rüdengasse (Wien-Landstraße) beschäftigt sich nun mit dem Fall. “Ich bin draufgekommen, dass die im Bezirksamt nur für Kindesmisshandlungen zuständig sind, die in der Rüdengasse aber für Kindergruppen”, erzählt Patricia R., “die dortige Dame zeigte sich bereits über den Fall informiert, meinte dann aber kryptisch, wegen so einer Kleinigkeit werde nicht viel passieren”.
“Rosi” schweigt, die Polizei ermittelt gegen “Unbekannt”
Unzensuriert.at wollte der Kindergruppe Rosi die Möglichkeit zur Stellungnahme geben, erreichte dort aber telefonisch niemanden. Auch eine schriftliche Anfrage blieb unbeantwortet.
Seitens der Wiener Polizei heißt es, dass es “Ungereimtheiten bei den verschiedenen Aussagen von Vater, Mutter und Kinderbetreuer gibt” und man deshalb Anzeige gegen Unbekannt erstattet habe.
Für die kleine Irene haben die Eltern mittlerweile einen neuen Kindergartenplatz gefunden. “Zur Rosi würde sie nicht mehr gehen, davor hat sie eine Riesen-Angst. Sie hat sich auch verändert, ist sehr anlehnungsbedürftig und schreckt in der Nacht auf”, sagt die Mutter.
Die Klärung des seltsamen Falles liegt nun bei der Staatsanwaltschaft Wien. Die hoffentlich nicht so denkt wie die MAG-11-Beamtin in der Rüdengasse.