In der allgemein grassierenden “political correctness” und Nazi-Hysterie ging es jetzt sogar einem völlig unverdächtigen und im deutschen Sprachraum weithin gebräuchlichen Ausdruck, der an einen Usus aus dem Mittelalter erinnert, an den Kragen. “Stadtluft macht frei” vergifte junge Menschen, konstatierte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch. Prompt wurde der Titel der Bayerischen Landesausstellung geändert.
Zensur in Bayern auf Zuruf
“Stadtluft macht frei – Wittelsbacher Stadtgründer” sollte das Motto der in den Städten Friedberg und Aichach stattfindenden Bayerischen Landesausstellung 2020 lauten. Stolz posierte man bereits mit fertiggestellten Plakaten. Doch die müssen nun eingestampft werden, weil sich Frau Knobloch an die Nazi-Zeit erinnert fühlte und eine Umbenennung forderte.
Titel weckt “Assoziationen mit den Vernichtungslagern der NS-Zeit”
“Stadtluft macht frei” habe eine sprachliche Nähe zu dem menschenverachtenden Nazi-Spruch “Arbeit macht frei”, konstatierte die Kultusgemeinde-Präsidentin und forderte im Bayerischen Rundfunk, dass das “ohne großes Aufheben ganz schnell geändert werden soll”. Denn es vergifte Menschen, vergifte junge Menschen und habe einen sehr schlechten Beigeschmack”, so Knobloch.
Kunstministerium knickt ein
Wie konnte man nur so gedankenlos sein? Schnell sah man im Bayerischen Kunstministerium den Fauxpas ein und überlegte sich im Eiltempo einen politisch korrekten Titel. Wie das Kunstministerium mitteilte, wird der Titel nunmehr “Stadt befreit – Wittelsbacher Gründerstädte” lauten.
Stadtluft macht frei
Der Spruch beschreibt treffend einen Usus, der vielen Leibeigenen im Mittelalter die persönliche Freiheit brachte. Ein Leibeigener konnte demnach nach einem Aufenthalt von “Jahr und Tag” in der Stadt nicht mehr von seinem Grundherren zurückgefordert werden. Nach Ablauf dieser Frist war der bisherige Leibeigene sein eigener Herr und konnte in der Stadt ein neues, freies Leben beginnen.