Kurz vor der Groß-Demonstration gegen die damals geplante Ampel-Regierung am 30. November 2024 verbot die Landespolizeidirektion Wien die Kundgebung: Das Recht auf Erwerbsfreiheit der Betriebe der Wiener Einkaufsstraßen und das Interesse der Allgemeinheit am unbeeinträchtigten Verkehrsfluss würden jenem des Versammlungsanzeigers an der Durchführung der Versammlung überwiegen, teilte die LPD damals auf X mit. Dass jedoch gleichzeitig zwei linke Gegendemonstrationen nicht untersagt wurden, sorgte damals über die Parteigrenzen hinweg für Unverständnis.
Bruch mit Gepflogenheiten
Auch weil es in der Vergangenheit immer wieder zu Demonstrationen in der Vorweihnachtszeit gekommen war: So durfte am ersten Adventssamstag 2016 etwa gegen Abschiebungen demonstriert werden, 2018 wurde am dritten Adventssamstag gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung demonstriert.
Während die Demonstrationen gegen die „Zuckerl-Koalition“ also die Geschäfte der Ladenbetreiber behindern sollten, durften gleichzeitig zwei linksextreme Kundgebungen stattfinden, unter anderem von der „Antifa-Jugend Wien“, und auch andere Veranstaltungen im Wiener Stadtgebiet wurden nicht untersagt.
Selbst Standkundgebung schikaniert
Nach den beiden Untersagungen durch die Polizei wurde am Heldenplatz eine Standkundgebung abgehalten – die zwar nicht untersagt, aber eingeschränkt wurden: Die Zugänge zum Heldenplatz wurden abgeriegelt, die Teilnehmer mussten Identitätsfeststellungen über sich ergehen lassen und sogar zwei Wasserwerfer wurden am Heldenplatz aufgefahren.
„Ist das etwa das Demokratieverständnis der Bundesregierung?”, fragte deshalb FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in seiner Anfrage an ÖVP-Innenminister Gerhard Karner.
Späte Antwort
Jetzt liegt die Antwort vor: Auf die Frage nach der Rechtsgrundlage der Untersagungen verweist Karner auf eine ähnliche Anfrage des freiheitlichen Nationalratsabgeordneten Hannes Amesbauer. In deren Beantwortung heißt es:
Diese wurden jeweils untersagt, da ihre Abhaltung gemäß § 6 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes 1953 iV mit Artikel 11 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention das öffentliche Wohl und die öffentliche Sicherheit gefährdet hätte und die Untersagung im Interesse der öffentlichen Sicherheit, des Schutzes der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer notwendig war.
Polizei sah keine Untersagungsgründe für linke Gegendemos
Aus der Antwort auf Amesbauers Anfrage geht auch hervor, dass am besagten 30. November in ganz Wien insgesamt 45 Versammlungen bei der Polizei angezeigt waren; für alle außer den beiden verbotenen Demos lagen nach Ansicht der LPD damals keine Untersagungsgründe vor. Auch soll es keine Weisungen aus Karners Ressort an die Polizei bezüglich der Untersagungen gegeben haben. Für die linken Gegendemos hätte es keine Verbotsgründe gegeben, so Karner.
Antworten aus „polizeitaktischen Gründen“ verweigert
Welche Dienststellen der LPD bei dem Verbot beteiligt waren, wollte Karner aus „polizeitaktischen Gründen“ nicht sagen. Aus demselben Grund konnte Karner auch nicht erklären, warum die Exekutive mit gleich zwei Wasserwerfern am Heldenplatz aufmarschierte. „Die öffentliche Bekanntgabe derartiger Informationen könnte die künftige Aufgabenerfüllung der zuständigen Behörden gefährden und Sicherheitsinteressen der Republik Österreich zuwiderlaufen“, so die Erklärung des Ministers. Auch die Frage, welche Polizeieinheiten involviert und wie viele Beamte insgesamt im Einsatz waren, wollte er nicht beantworten.
Widerspruch gegen Teilnehmerwahrnehmung
Zudem hätte es keine Zugangskontrollen für die Teilnehmer der Heldenplatz-Kundgebung gegeben und auch keine Versuche, diese von der Teilnahme an der Demo abzuhalten. Die Einkesselung der abziehenden Teilnehmer der untersagten Demonstration vor dem Parlament geschah angeblich, weil diese der Weisung, den Ort der Kundgebung zu verlassen und auseinander zu gehen, nicht nachkamen. Bei einer der linken Gegendemonstrationen wurde eine Strafanzeige aufgenommen.