Die Europäische Union sollte nicht an der Seite der Ukrainer stehen, sondern zwischen den Russen und den Ukrainern. Zudem wäre dieser Krieg niemals ausgebrochen, wären US-Präsident Donald Trump und die bundesdeutsche Kanzlerin Angela Merkel weiter an der Macht. Das sagte der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán gestern, Samstag, bei seiner traditionellen Rede vor Ungarnstämmigen im rumänischen Siebenbürgen.
Orbán trifft Sanktions-Hardliner Nehammer
Wenn Orbán nächsten Donnerstag, 28. Juli, bei seinem Österreich-Besuch ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer treffen wird, prallt der schärfste EU-Kritiker innerhalb der Union, Orbán, auf den EU-hörigen Sanktions-Hardliner Nehammer. Nicht einmal die größten Optimisten werden annehmen, dass Orbán seinen Gastgeber in der Ukraine-Frage umstimmen wird können. Dabei hätte man sich die Aussagen, die Orbán zum Ukraine-Russland-Konflikt tätigt, eigentlich von einem Bundeskanzler eines neutralen Landes erwartet.
Dem ist nicht so. Heute treffen sich die Kriegsparteien zu Friedensgesprächen nicht in Wien, sondern in der Türkei – wie sich die Zeiten doch ändern! Bruno Kreisky wird sich im Grab nicht nur umdrehen, sondern er wird wohl schon rotieren.
Kriegsende nur durch russisch-amerikanische Verhandlungen
Orbán sagte in seiner Rede an der Sommeruniversität in Rumänien, dass die Ukrainer diesen Krieg niemals gewinnen könnten, die Sanktionen würden Russland nicht in die Knie zwingen. Vielmehr könnte der Krieg nur mittels russisch- amerikanischer Verhandlungen beendet werden.
Orbán steht mit dieser Meinung nicht alleine da. Ähnlich argumentierte am 12. Juli auch der Philosoph Richard David Precht bei Markus Lanz, dem Precht bezüglich Waffenlieferungen den moralischen Stecker zog. Unzensuriert berichtete. An der tausend Kilometer langen Front habe man einen zehnfachen, fünfzehnfachen oder zwanzigfachen – da gäbe es verschiedene Zahlen – Artillerie-Überlegenheit der Russen. Precht fragte Lanz, ob er irgendeine Vorstellung habe, wie viele Haubitzen, wie viel Munition, wie viele Kampfpanzer man in die Ukraine liefern müsste, um auch nur annähernd ein Gleichgewicht herzustellen?
Dass Russland die NATO angreifen werde, bezeichnete Orbán als ukrainische Propaganda. Dies würde nie geschehen, denn die NATO wäre viel stärker als Russland.
Kampf gegen illegale Einwanderung
Der letzte Besuch in Österreich von Viktor Orbán, der mit seiner Fidesz-Partei über eine Zwei-Drittel-Mehrheit im ungarischen Parlament verfügt, liegt mehr als vier Jahre zurück: Ende Jänner 2018 besuchte der ungarische Regierungschef den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien.
Schwerpunktthemen des Treffens soll nicht nur der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine Folgen sein, sondern auch die verstärkte grenzüberschreitende Zusammenarbeit beider Länder im Kampf gegen die illegale Einwanderung. Es wäre keine Überraschung, würde Ungarn in dieser Frage restriktive Maßnahmen ergreifen, die dann von österreichischer und europäischer Seite offiziell scharf verurteilt, aber ihnen letztlich nützen würden.