Der aktuell stattfindende ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss erhält nahezu täglich neue Fälle aus dem österreichweit agierenden “schwarzen Netzwerk” der Volkspartei. War es dieser Tage der mutmaßliche Steuerskandal des Vorarlberger Wirtschaftsbundes und eine mögliche Involvierung von ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner, sind es heute, Mittwoch, Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.
Sobotka will an U-Ausschuss-Vorsitz festhalten
Bereits vor den WKStA-Ermittlungen gegen Sobotka war dessen Vorsitz in einem U-Ausschuss, der sich der Korruption innerhalb der ÖVP widmet, mehr als umstritten. Dennoch blieb der Nationalratspräsident “stur an seinem Sessel kleben”. Und offenbar hat Sobotka auch nicht vor, dies angesichts von Ermittlungen gegen seine Person zu ändern.
Man wolle ihn einmal mehr als Vorsitzenden des ÖVP-Korruptionsausschusses diskreditieren, so Sobotka gegenüber der Kronen Zeitung. Dass Sobotka jedoch nicht nur Aktenbestandteil ist, sondern auch umfassende Akteneinsicht hat, ist vor allem für die FPÖ und ihren Fraktionsvorsitzenden im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker, völlig inakzeptabel.
Als Nationalratspräsident noch tragbar?
Dass etwa Norbert Hofer in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident selbstverständlich aus Objektivitätsgründen nie im “Ibiza”-U-Ausschuss den Vorsitz führte, müsse nun auch für Sobotka gelten, so Hafenecker, der den “konsequenten Unwillen zur Einsicht” als Beschädigung des Amtes des Nationalratspräsidenten, immerhin dem zweithöchsten Amt in der Republik, sieht.
Weiters sieht Hafenecker Sobotka sogar als Nationalratspräsident in Frage gestellt:
Dies führt dazu, dass man sogar darüber nachdenken muss, ob er nicht nur als U-Ausschuss-Vorsitzender, sondern auch als Präsident des Nationalrates überhaupt noch tragbar ist.
Der freiheitliche Fraktionsvorsitzende erwartet sich daher auch entsprechende Worte des Bundespräsidenten, sollte Sobotka nicht von sich aus den “längst überfälligen Schritt zurück” machen.
Auch Politologe Filzmaier empfiehlt Sobotka Vorsitz-Verzicht
Rückenwind bekommt Hafenecker auch in der Mittwochs-ZIB2 des ORF vom Politologen Peter Filzmaier: Der erklärte im Gespräch mit Armin Wolf, dass in der Verfahrensordnung für U-Ausschüsse sehr wohl definiert sei, dass sich der Präsident in bestimmten Fällen, etwa wenn er selbst oder sein Umfeld Teil der Untersuchungen sei, vom Zweiten oder Dritten Nationalratspräsidenten – also Doris Bures (SPÖ) oder Norbert Hofer (FPÖ) – vertreten lassen müsse. Sonst könne Sobotka ja auch einen potentiellen Sobotka-U-Ausschuss leiten.
Katastrophale Vertrauens-Werte für Sobotka und die ÖVP
Politisch sei Sobotkas Festhalten am Vorsitz ohnehin eine Katastrophe, sei er doch jener Nationaleratpräsident mit den verheerndsten Vertrauenswerten seit der Erhebung diese Werte. Laut aktuellem OGM-Vertrauensindex komme er auf einen katastrophalen Wert von minus 56, das entspricht 80 Prozent der Befragten, die ihm nicht vertrauen. Dazu komme, dass mittlerweile gegen eine zweistellige Zahl führender ÖVP-Politiker von der Justiz ermittelt werde.