Das, was in Österreich rund um die Impfpflicht passiert, ist eigentlich unbeschreiblich. Dennoch hat es der Innenpolitik-Redakteur der Tiroler Tageszeitung (TT) geschafft, diese „Farce“ auf den Punkt zu bringen. Michael Sprenger schrieb heute, Donnerstag, in einem Leitartikel der Zeitung, dass wir eine Bundesregierung haben, die sich der Lächerlichkeit preisgibt.
Die Regierung habe sich als Avantgarde gewähnt, führte die Impfpflicht ein. Einen Monat nach Inkrafttreten, am Tag mit den höchsten Infektionszahlen, habe die Regierung das Gesetz wieder auf Eis gelegt, fasst Sprenger sein Unverständnis in Worte.
Kann diese Koalition überhaupt regieren?
Sprenger lässt in seinem Leitartikel die Ereignisse rund um die Impfplficht noch einmal Revue passieren und fragt sich am Ende, wer diese Farce noch verstehen könne und ob diese Koalition überhaupt regieren könne. Oder kann sie es einfach nicht? Hier sein Kommentar in der TT:
Mitte November 2021. Damals hieß der Bundeskanzler Alexander Schallenberg, der Parteichef der Kanzlerpartei Sebastian Kurz und als Gesundheitsminister war noch Wolfgang Mückstein im Amt. Man vereinbarte einmal mehr ein Bund-Länder-Treffen. Die Landeshauptleute von damals sind alle noch in ihrer Regierungsfunktion. Mehr oder weniger. Schallenberg, er hatte Kurz im Ohr, und Mückstein trafen sich also mit den Länderchefs am Achensee. Am 19. November wurde dort verkündet, was zuvor von allen in Abrede gestellt wurde: Es wird ab Februar eine Impfpflicht geben. Damit wurde kurz übertüncht, was ebenfalls ausgeschlossen worden war, nämlich eine neuerliche Lockdown-Verordnung. Die Landeshauptleute demonstrierten Geschlossenheit. Lediglich der burgenländische Regierungschef Hans Peter Doskozil rückte ein wenig ab. Mückstein und Schallenberg entschuldigten sich Stunden später für Fehler in ihrem Pandemie-Management. Sie entschuldigten sich für den neuerlichen Lockdown. Und ja, alles wird besser, weil jetzt die Impfpflicht kommt, die zuvor keiner wollte.
Kurze Zeit fühlte sich die Regierung als Avantgarde
Doch wenn das bis zum Achensee Managementfehler waren, was kam dann erst danach? Ein kurzer Abriss. Alle, außer die FPÖ-Spitze, erklärten uns, warum die Impfpflicht notwendig, verhältnismäßig ist – und selbstverständlich im Einklang mit der Verfassung steht. Zeitgleich hörte man überall nur noch von Omikron. Delta war passé. Was dies alles für die Impfpflicht bedeuten kann, soll, war egal. Schließlich hat man sich auf die Impfpflicht verständigt. Kurze Zeit fühlte man sich als Avantgarde.
Impflotterie wurde geschreddert
Doch reicht eine Impfpflicht für die erhoffte Quote? Die Sozialdemokraten verneinten dies. Sie forderten einen Impfanreiz. Was die SPÖ wollte, gaben ihr ÖVP und Grüne nicht. Aber weil man die SPÖ-Stimmen im Nationalrat wollte, versprach man eine Impflotterie. Alles ist möglich. Die Idee Impflotterie wurde wenig später geschreddert. Dafür einigte sich die Koalition trotz hoher Infektionszahlen auf breite Öffnungsschritte. Expertenmeinungen, auf die man fortan hören wollte, wurden ignoriert, der Gesundheitsminister wirkte frustriert. Und als sein Nachfolger Johannes Rauch noch keine 24 Stunden im Amt war, musste er ausgerechnet am Tag mit dem höchsten Wert an Neuinfizierten seit Pandemiebeginn das vorübergehende Aus der Impfpflicht verkünden. Wer kann diese Farce noch verstehen? Will diese Koalition nicht regieren oder kann sie es einfach nicht?