870 Seiten umfasst der Abschlussbericht von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl über den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker ist vom Inhalt dermaßen enttäuscht, dass er den Verdacht hegt, der Bericht sei mit türkis-schwarzer Brille geschrieben worden.
Handwerklich fehlerhaft, der Kanzlerpartei schmeichelnd
In einer Aussendung fasste er die 870 Seiten von Pöschl so zusammen:
Handwerklich fehlerhaft und inhaltlich der Kanzlerpartei geschmeichelt – so muss leider das erste Resümee zum Bericht des Verfahrensrichters lauten.
Es sei keine gute Idee gewesen, so Hafenecker, dass die Bestellung des Verfahrensrichters vom Wohlwollen des Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) abhängig gewesen sei.
Sachleistungen für “Sobotka-Institut” unter den Tisch gefallen
Kritik übt Hafenecker daran, dass Pöschl die Sachleistungen an das Alois-Mock-Institut der ÖVP einfach unter den Tisch fallen lasse und das „Sobotka-Institut“ damit de facto exkulpiert werde.
Auch werde etwa im Bereich der Prikraf-Thematik die Spendenleistung der Uniqua-Tochter „PremiQaMed“ als quasi altruistische Aktion abgetan und nicht näher beleuchtet, obwohl im Jahr 2017 der spätere Finanzminister Hartwig Löger als Vorstandsvorsitzender der Uniqua Österreich Versicherungen AG und Aufsichtsratsvorsitzender der „PremiQaMed“ für die Parteispende an die ÖVP hauptverantwortlich gewesen sei, betonte Hafenecker.
Hessenthaler und Mirfakhrai spielten keine Rolle
Auch sehr ungewöhnlich sei die Tatsache, dass im Zuge des ganzen Komplexes rund um die Entstehung des „Ibiza-Videos“ die Personen Julian Hessenthaler und Ramin Mirfakhrai in der Gedankenwelt des Verfahrensrichters keine Rolle spielen würden. Auch in diesem Komplex sei der Bericht lückenhaft und zeige Schwächen bei den Fakten, erklärte Hafenecker.
Verfahrensrichter entlastet ÖVP in Schredderaffäre
Einer der größten Überraschungen nach entsprechenden Aussagen im U-Ausschuss ist, dass der Bericht die ÖVP in der Schredderaffäre entlastet. Das Verfahren habe keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass das Schreddern von insgesamt fünf Festplatten durch einen Mitarbeiter im Kanzleramt seinen Grund darin hatte, dass Beweismittel zur „Ibiza-Affäre“ vernichtet werden sollten, so Pöschl. Das Schreddern von Festplatten sei nicht ungewöhnlich.
SPÖ: Teile des “Sobotka-Berichts” nicht nachvollziehbar
Wen wundert es, dass auch SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer gegenüber dem ORF davon sprach, dass Teile des „Sobotka-Berichts“ nicht nachvollziehbar seien. Wundern tut sich auch Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Ebenfalls gegenüber dem ORF meinte sie replizierend auf Aussagen von ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger, dass die Vorwürfe in Richtung seiner Partei völlig ungerechtfertigt gewesen seien:
Wie die ÖVP all das als fatal für den U-Ausschuss und als Entlastung für die ÖVP lesen kann, ist mir ein Rätsel.