Das französische System ist sehr resistent, aber nach den außenpolitischen Misserfolgen, nämlich der Verdrängung aus Afrika, und den Massenprotesten stellte Staatspräsident Emmanuel Macron nun der Mittelmeerinsel Korsika Autonomie in Aussicht.
Autonomie als erster Schritt in der Salami-Taktik
Das Verhältnis zwischen Korsika und Paris ist schwierig. Jahrzehntelang kämpften korsische Separatisten für mehr Eigenständigkeit, auch mit gewaltsamen Mitteln. Seit zehn Jahren gewinnen die gemäßigten Nationalisten politisch an Bedeutung und verfügen mittlerweile über die Mehrheit im Regionalparlament. Sie fordern zunächst einen Autonomiestatus.
Mord an Unabhängigkeitskämpfer
Vor eineinhalb Jahren bekam die Unabhängigkeitsbewegung neuen Auftrieb. Denn der Tod des korsischen Unabhängigkeitskämpfers Yvan Colonna löste Massenproteste und schwere Unruhen auf Korsika aus.
Er war im Gefängnis von einem Afrikaner ermordet worden. Dort hatte er wegen des Mordes am Präfekten des Départements vor 25 Jahren eingesessen, einer Tat, die er immer bestritten hatte und für die es keine Zeugen gibt. Trotzdem war er schuldig gesprochen und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Colonna hatte sogar eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht, der sie jedoch als nicht zulässig abwies.
Großer Erfolg für Unabhängigkeitsbewegung
Besonders bitter war für Colonna, dass er die Haft auf dem Festland Frankreichs verbüßen musste. Bis er schließlich dort ermordet wurde, wofür die Korsen die Zentralregierung in Paris in der Verantwortung sahen. Tausende gingen auf die Straßen, um für die Unabhängigkeit zu demonstrieren. Dabei kam es auch zu gewaltsamen Ausschreitungen.
Paris sah sich gezwungen, mit den Separatisten zu verhandeln, und wollte damit die Luft aus dem Kessel nehmen. Und das Problem durch den Faktor Zeit aus der Welt schaffen: Endlose Verhandlungen folgten. Doch angesichts des nicht nachlassenden Drucks aus Korsika und den gleichzeitigen außenpolitischen Misserfolgen in Afrika musste Macron jetzt doch handeln.
Schutz der korsischen Sprache
Gestern, Donnerstag, erklärte er vor dem Inselparlament in Ajaccio:
Lass uns die Kühnheit haben, eine Autonomie für Korsika in der Republik zu schaffen.
Korsika soll zukünftig weitreichende Autonomie-Rechte erhalten, angefangen vom Schutz der korsischen Sprache bis zu einer weitgehenden Selbstverwaltung. Korsisch als zweite offizielle Amtssprache lehnt Macron aber weiter ab. Auch der Forderung, dass die korsische Bevölkerung auf der Insel den Festland-Franzosen etwa bei Stellenbesetzungen bevorzugt werde, erteilte er eine Absage. Dafür will er die „Besonderheit als mediterrane Insel“ in die französische Verfassung verankern.
Hürde aufgebaut
Doch es wäre nicht der Zentralist Macron, wenn er nicht Hürden für die Autonomie eingebaut hätte. Denn die Korsen müssen ihr Autonomiestatut nicht nur selbst ausarbeiten, sie müssen es auch selbst durchs Parlament bringen. Sechs Monate gibt er dafür nur Zeit.