Macht sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen noch immer keine Sorgen um die Republik? Erstmals in der Geschichte Österreichs wird der amtierende Finanzminister und der amtierende Bundeskanzler von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als Beschuldigter geführt.
Kogler: “Moralische Devastiertheit der Regierungspartei”
Bewahrheitet sich die Aussage des grünen Vizekanzlers Werner Kogler, die er im Nationalratswahlkampf 2019 machte, könnte sich tatsächlich der halbe ÖVP-Vorstand bald im „Häfen“ treffen.
Kogler sagte dies im Zusammenhang mit der Parteienfinanzierung – und meinte: Gäbe es hier schon entsprechende Straftatbestände, müsste sich der halbe Vorstand der Volkspartei im „Häfen“ treffen. Wörtlich sprach Kogler von einer „moralischen Devastiertheit“ der Regierungspartei.
Jetzt, in Koalition mit der einst ungewöhnlich scharf kritisierten ÖVP, könnte Koglers Prophezeiung tatsächlich eintreten, dass sich die halbe ÖVP im „Häfen“ treffen könnte. Vielelicht wegen Parteienfinanzierung, aber auch aufgrund eines anderen Delikts.
Ermittlungen wegen Spendengelder
Der amtierende ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ja bereits als Beschuldigter in den Ermittlungen zu Casinos Austria und Novomatic geführt. Hier geht es tatsächlich um den Vorwurf, Spendengelder an die ÖVP und/oder an ÖVP-nahe Vereine angenommen zu haben. Blümel bestreitet das. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Falschaussagen im U-Ausschuss
Heute, Mittwoch, ist zudem bekannt geworden, dass nun auch ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz von der WKStA als Beschuldigter geführt wird. Ihm – und auch seinem Kabinettschef Bernhard Bonelli werden Falschaussagen im U-Ausschuss vorgeworfen. Im Wesentlichen geht es darum, dass beide den Untersuchungsausschuss über die Vorgänge rund um die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrats Thomas Schmid falsch informiert hätten.
Chats brachten widersprüchliche Aussagen zutage
Die Neos brachten nach neu ausgewerteten Chats aus dem Smartphone von ÖBAG-Chef Schmid („Ich liebe meinen Kanzler“), die dem Vernehmen nach widersprüchliche Aussagen von Kurz und Bonelli zutage brachten, eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein, die nun zu diesen Ermittlungen führte. Auch für Kurz und Bonelli gilt die Unschuldsvermutung.
ÖVP für Abschaffung der Wahrheitspflicht
Unbegreiflich erscheint, warum die ÖVP ausgerechnet jetzt, wo ihre Funktionäre der Falschaussagen bezichtigt werden, die Wahrheitspflicht in U-Ausschüssen abschaffen möchte. Die diesbezügliche Forderung von ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka war keine Eintagsfliege, auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ebenfalls ÖVP) sprach sich dafür aus, den Untersuchungsausschuss weiter zu entwickeln zu einem schlagkräftigen Instrument umzubauen, bei dem die Wahrheitspflicht zu hinterfragen sei. Köstinger meinte, dass es im U-Ausschuss wie bei der Löwinger Bühne zuginge.