Ein Polit-Pensionist musste gestern, Sonntag, herhalten, um in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ als letztes Aufgebot der ÖVP in die Verteidigerrolle des schwer angeschlagenen Finanzministers Gernot Blümel zu schlüpfen. Aber der frühere ÖVP-Nationalratspräsident Andreas Khol machte die Sache in Wahrheit nur noch schlimmer.
Khol-Kritik an Staatsanwälten in Wien
Khol sprach zuerst in typischer ÖVP-Manier den Staatsanwälten und Richtern in Österreich sein Vertrauen aus, übte dann aber doch noch heftige Kritik an „Ausnahmen, die in Wien stationiert sind“. Wahrscheinlich meinte Khol jene, die den ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel in den Ermittlungen zu Casinos Austria und Novomatic als Beschuldigten führen, und jene, die bei Blümel eine Hausdurchsuchung anordneten. Khol sagte:
Wenn man einen Finanzminister mit einer Hausdurchsuchung verfolgt, bedarf es schon einer gewichtigen Rechtfertigung.
Die „gewichtige Rechtfertigung“ lieferte ihm dann Cornelia Koller von der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte. Nicht nur, denn sie rückte auch so manches Rechtsverständnis und so manche Rechtsmeinung des pensionierten ÖVP-Politikers, der in juristischen Fragen doch nicht so sattelfest wirkte, zurecht.
Parlamentarische Anfrage wie ÖVP-Wahlrede
Zum zentralen Thema der Diskussion wurde die parlamentarische Anfrage der ÖVP-Nationalratsabgeordneten Michaela Steinacker an das Justizressort. Politologe Peter Filzmaier meinte, dass diese Anfrage wie eine Wahlrede klingen würde. Und die frühere SPÖ-Justizministerin Maria Berger übte scharfe Kritik, dass diese Anfrage der ÖVP darauf ziele, die Staatsanwaltschaft in ein schlechtes Licht zu rücken.
Berger sah es zudem problematisch, dass dem Beschuldigten Blümel, nur weil er ein Minister ist, parlamentarische Mittel zur Verteidigung zur Verfügung stehen würden, die einem normalen Bürger nicht zur Verfügung stünden. Das sei ein Privileg, das andere Bürger nicht hätten. Außerdem kritisierte sie, dass in dieser Anfrage von einem Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft die Rede sei.
Unterentwickeltes Unrechtsbewusstsein
Sie, Berger, sei auch überrascht, wie unterentwickelt das Unrechtsbewusstsein bei den handelnden Personen in der “Causa Blümel“ sei. Berger sagte:
Wenn Blümel eine SMS mit der Bitte um eine Amtshandlung in Verbindung mit einer Spende bekommt, müsste er doch gleich klarstellen, dass das verboten ist.
Veritables Problem für Sebastian Kurz
Politologe Filzmaier sah in der „Affäre Blümel“ auch ein veritables Problem für ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sein Personal primär nach Loyalität ausgesucht hätte. Die parlamentarische Anfrage bewertete er auch als Ablenkungsmanöver der ÖVP, um nicht über Spenden und über einen Job für die Tochter des obersten Novomatic-Chefs sprechen zu müssen.