Wenn FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl das Wort „Rollkommando“ im Zusammenhang mit der ÖVP nennt, ist es laut Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ein nationalsozialistischer Ausdruck, für den er Kickl einen Ordnungsruf erteilte. Dabei verschwieg Sobotka aber, dass die ÖVP-Wien das Wort „Rollkommando“ in einem Antrag im Zusammenhang mit Kinderheimen sogar schriftlich verwendete.
ÖVP-Mann fürs Grobe
Es scheint so, als wäre Sobotka von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als „Mann fürs Grobe“ ausgeschickt worden, um den beliebten Ex-Innenminister mit den ihm als Parlamentspräsident zur Verfügung stehenden Mitteln mundtot zu machen.
Wohl als Rache dafür, dass Kickl das Versagen der schwarz-grünen Regierung schonungslos aufdeckt: Die Pannenserie von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) vor dem Wien-Attentat, das erst möglich wurde, weil Nehammers Behörden auf allen Linien patzten. Oder die Chaos-Verordnungen im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen, bei denen Kickl dem Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) ständig den Spiegel vor das Gesicht hält und Unzulänglichkeiten aufzeigt.
Ordnungsruf auch für „Bonzen“
Gestern, Freitag, bei der Parlamentsdebatte über die Hacklerpension, schien für Sobotka die Stunde gekommen zu sein, in der er an Kickl „Rache“ üben konnte. Als der FPÖ-Klubobmann davon sprach, dass die ÖVP wie ein Rollkommando über die Hacklerpension drüberfahren würde, musste sich Sobotka im Sinne seines Chefs Kurz irgendwie wehren.
Er bezeichnete Kickls Wortwahl als einen „nationalsozialistischen Ausdruck“ und forderte ihn auf, diesen zurückzunehmen. Als Kickl sich weigerte, weil er sich von Sobotka nicht mundtot machen ließe, gab es für ihn einen Ordnungsruf. Diesen gab es für Kickl von Sobotka auch für das vergleichsweise harmlose und oft gebrauchte Wort „Bonzen“.
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Sobotka misst mit zweierlei Maß
Sobotkas Herrschergetue gegenüber den Freiheitlichen rief dann FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz auf den Plan, sich zur Geschäftsordnung zu melden. Er forderte den Nationalratspräsidenten auf, Ordnungsrufe für das gesamte Haus „gleich Hand zu haben“. Laut Schnedlitz hätte es auch für den ÖVP-Abgeordneten Franz Hörl eine Ermahnung geben müssen, als dieser den SPÖ-Abgeordneten Jörg Leichtfried einen „Pharisäer“ nannte. Ebenfalls hätte eine grüne Nationalratsabgeordnete einen Ordnungsruf verdient, als diese bei der Rede Kickls den Zwischenruf „Die Rechtsextremen der FPÖ“ machte.
Die eigenen Leute verwarnen, den Koalitionspartner vergrämen – nein, Sobotka misst lieber mit zweierlei Maß. Er blieb auch stur, als er von Schnedlitz mit der Peinlichkeit konfrontiert wurde, dass auch die Wiener ÖVP – in einem Antrag vom 25. Juni 2013 – das Wort „Rollkommando“ sogar schriftlich verwendete.
Vorsitzführung wird zur Groteske
Sobotka spielte die Macht der ÖVP voll aus – auch auf die Gefahr hin, dass seine Vorsitzführung immer mehr zur Groteske wird. Aber vielleicht wollte der Nationalratspräsident mit dieser Aktion nur vom eigentlichen Tagesordnungspunkt ablenken: Denn die ÖVP schaffte gemeinsam mit den Grünen die erst im September des Vorjahres mit den Stimmen der ÖVP, SPÖ und FPÖ beschlossene Hacklerpension wieder ab.
Nach diesem Gesetz konnten die Österreicher mit 45 Beitragsjahren abschlagsfrei in Pension gehen. Dass die Grünen bei diesem skandalösen Sozialabbau der ÖVP mitmachen, ist ein besonders schamloses Verhalten. Es könnte aber ein Vorgeschmack sein, was auf die Österreicher nach der Corona-Krise und dem von den Regierungsparteien verschuldeten wirtschaftlichen Zusammenbruch noch alles zukommt.