Platter Autoreifen

Als die Zeugin zu Gericht anreisen wollte, waren ihre Reifen aufgestochen (Symbolbild).

5. August 2020 / 12:39 Uhr

Zerstochene Reifen bei Zeugin vor Prozess um Ibiza-Netzwerk

Tiefe Einblicke in die Machenschaften des Ibiza-Netzwerks lieferte am Dienstag ein Prozess an einer Nebenfront. Ein mutmaßlicher ehemaliger Geschäftspartner des der Produktion des Ibiza-Videos hauptverdächtigen Detektivs Julian H. hatte ein medienrechtliches Verfahren gegen den Chefredakteur des Investigativmediums Fass ohne Boden, Alexander Surowiec, angestrengt.

Antrag auf Entschädigung wegen Verleumdung und übler Nachrede

Ein kühler, verregneter Sommertag am 4. August 2020 in der Wiener Josefstadt, doch die Stimmung im Zimmer 306 des Landesgerichts für Strafsachen war an diesem Dienstag Nachmittag umso hitziger. Das Medieninteresse war daher groß und der Verhandlungssaal gut gefüllt.

Stein des Anstoßes war die Veröffentlichung eines Ibiza-Netzwerks, das auf Fass ohne Boden nach wie vor online ist, in dem die Personen mittlerweile aber anonymisiert sind. Der Antragsteller behauptete durch seine Erwähnung in dem Netzwerk Verleumdung, üble Nachrede und Verletzung der Unschuldsvermutung und begehrte daher eine Entschädigung gemäß Mediengesetz.

Geldstrafe für Ibiza-Detektiv wegen Fernbleibens vom Prozess

Die Leiterin des Verfahrens, Richterin Nicole Baczak, musste gleich zu Beginn der Verhandlung das unentschuldigte Fernbleiben dreier als Zeugen geladener Personen aus dem Ibiza-Netzwerk feststellen. Über Julian H. und zwei weitere Personen wurde eine Strafe von je 300 Euro verhängt.

Reifen bei Ex-Lebensgefährtin des Klägers aufgestochen

Befragt werden konnten hingegen Sascha W., der als ehemaliger Geschäftspartner als erster die Beteiligung von Julian H. an der Videofalle öffentlich vermutet hatte. Eine Aussage machte auch die ehemalige Lebensgefährtin des Antragstellers – allerdings unter erschwerten Umständen. Sie gab an, sie habe mit dem Zug anreisen müssen, weil sie ihr Auto am Morgen des Prozesstags mit zerstochenen Reifen vorgefunden habe.

Zusammen mit Julian H. die „Ex“ in die Videofalle gelockt

Grund der Entschädigungsforderung war, dass durch besagtes Organigramm ein geschäftliches Nahverhältnis zwischen dem Kläger und Julian H. suggeriert worden sei. Dieses hatte der Antragsteller in einer zurückliegenden Aussage bestritten. Nun kam aber heraus, dass Julian H. daran beteiligt gewesen sein soll, der ehemaligen Lebensgefährtin des Antragstellers eine Videofalle im Rahmen eines Sorgerechtsstreits zu stellen. Der Antragsteller stellte das so dar, dass es sich dabei nicht um eine Geschäftsbeziehung, sondern um einen einmaligen Auftrag gehandelt habe.

Ex-Lebensgefährtin berichtete von Morddrohungen

Die Vernehmung der ehemaligen Lebensgefährtin war nichts für zartbesaitete Zeitgenossen. Sie sagte aus, dass sie im Zuge des Sorgerechtsstreits von Personen aus dem „Ibiza-Umfeld“ mit Mord bedroht worden sei, weitere ungustiöse Details sollen der geneigten Leserschaft an dieser Stelle erspart bleiben. Der Anwalt von Fass ohne Boden, der erfahrene Medienrechtsexperte Niki Haas, konnte der Zeugin weitere interessante Einzelheiten über das Verhältnis ihres „Ex“ zum Ibiza-Detektiv Julian H. sowie zu dem mutmaßlich ebenfalls beteiligten Anwalt M. entlocken. Die Herrschaften hätten sich regelmäßig in mondänen Innenstadtlokalen getroffen.

Gemeinsame Spionage-Tätigkeiten

Zeuge Sascha W. bestätigte ausführlich das Naheverhältnis geschäftlicher und privater Natur zwischen dem Antragsteller und Julian H. Er sagte auch aus, dass die beiden über W.s frühere Firma gemeinsam im Spionagebereich tätig gewesen seien und der Antragsteller vor allem für den Bereich Südamerika zuständig gewesen sei. Aussagen also, die eine Geschäftsbeziehung, wegen der sich der Antragsteller verleumdet sah, durchaus nahelegen.

Freispruch für Fass ohne Boden, Kläger will berufen

Das ausführliche Abschlussplädoyer der beklagten Seite dürfte die Richterin überzeugt haben, sie wies den Antrag ab. Chefredakteur Surowiec muss keine Entschädigung zahlen. Darüber hinaus wurde die mutmaßliche Falschaussage des Antragstellers zur weiteren Behandlung an die Staatsanwaltschaft Wien weitergeleitet. Die Prozesskosten trägt die klagende Partei. Sie hat jedoch Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt, es ist somit nicht rechtskräftig.

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