Der Einfluss internationaler Lebensmittelkonzerne auf ihre europäische Kontrollbehörde ist enorm. Trotz stetiger Kritik hält die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) daran fest, in ihren Aufsichtsgremien auch Vertreter der von ihr zu kontrollierenden Konzerne zu tolerieren, obwohl sie laut ihren Grundwerten für "Unabhängigkeit, Offenheit, Transparenz sowie Reaktionsfähigkeit" stehen sollte. Die Begründung: Industrielle Tätigkeiten werden in einer Interessenerklärung angegeben. Nur hält diese die EFSA-Mitglieder nicht davon ab, die Behörde im Sinne ihrer kommerziellen Interessen zu beeinflussen, wie das Beispiel des Iren Albert Flynn zeigt.
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Flynn leitet nicht nur das EFSA-Gremium für diätische Produkte, Ernährung und Allergien, sondern ist – wie die Süddeutsche Zeitung berichtet – zugleich Mitglied eines Beratungsstabes bei Kraft Foods Europe. So begab es sich im Juli dieses Jahres, dass ein Produkt von Kraft zugelassen wurde, da Flynns Gremium dessen gesundheitsfördernde Wirkung bestätigte. Der Hersteller argumentierte in der Produktwerbung, die langsam verdaulichen Stärken des Produktes würden den Blutzuckerspiegel langsamer ansteigen lassen und somit Diabetikern zugute kommen. Ob eine gesundheitsbezogene Aussage wie diese tatsächlich wissenschaftlich fundiert ist, muss von der EFSA untersucht werden, da auf diese Weise viele Verbraucher beeinflusst werden können. Flynns Gremium entschied ganz im Sinne Krafts.
Gemeinsam mit vielen anderen Kritikern hatte auch der freiheitliche Europaparlamentarier Franz Obermayr wiederholt auf die mangelnde Unabhängigkeit von EFSA-Gremien hingewiesen, die eigentlich die Verbraucher schützen sollten, letzten Endes aber zugunsten von Konzernen entscheiden. Verbindungen in den höchsten EFSA-Ebenen gibt es nämlich auch zu Konzernen wie Danone, Nestle, Heinz und Hipp. Auch im "International Life Sciences Institute", das von Megakonzernen wie Coca-Cola und Unilever gesponsort wird, sind viele hochrangige EFSA-Experten zu finden, obwohl die Organisation von der WHO auf die schwarze Liste der Lobbyverbände gesetzt wurde. Dieses Institut ist für die EFSA dennoch unabhängig genug, um über die Gesundheit Europas Verbraucher mit zu entscheiden.