In Österreich bei Beliebtheitswerten angelangt, die an den gescheiterten Vorgänger Werner Faymann in seiner schlechtesten Zeit als Kanzler erinnern, leckt SPÖ-Chef Christian Kern seine Wunden gerade beim EU-Gipfel in der estnischen Hauptstadt Tallinn, wo er sich offensichtlich Trost bei seinen elitären Freunden holt.
Staats- und Regierungschefs würden Kern wählen
Gegenüber Journalisten sagte Kern, zwar scherzhaft, aber mit ernstem Hintergrund einen Satz, der seine derzeitige Stimmungslage genau trifft:
Ich muss mir um meine Wahlchancen keine Sorgen machen, wenn nur die 28 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wahlberechtigt wären.
Kern würde bei einer solchen Wahl mit einer “deutlich absoluten Mehrheit” rechnen. Blöd für Kern, dass am 15. Oktober bei den Nationalratswahlen nicht Wahlverliererin Angela Merkel oder der in Frankreich derzeit so unbeliebte Emmanuel Macron stimmberechtigt sind, sondern: das einfache Volk.
Altes Schema der sozialistischen Angstmacherei in Europa
Und dieses einfache Volk hat es überhaupt nicht gern, wenn ein Politiker das eigene Land im Ausland schlechtredet. Kern aber, vom heimischen Pleiten-, Pech- und Pannen-Wahlkampf gezeichnet, setzt plötzlich auf das “alte Schema der sozialistischen Angstmacherei in Europa”, wie es FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl formulierte.
Denn Kern macht jetzt in Tallinn, wenige Wochen vor der Wahl, im Kreise seiner EU-Amtskollegen “reihum” die Sorge vor einer möglichen Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen nach der Nationalratswahl aus. “Die gelten als krass antieuropäisch,” so Kern am Freitag vor österreichischen Journalisten in Tallinn auf die Frage, ob er beim EU-Gipfel auf die FPÖ angesprochen worden sei.
Besorgnis bei Jean-Claude Juncker am größten
“Das hast Du natürlich als Besorgnis, ganz klar”, sagte Kern. Besonders ausgeprägt sei dies bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, weil dieser “das größte Sensorium und die beste Kenntnis Österreichs” habe.
Hat Kern im Sinkflug seiner Popularität bereits neue EU-Sanktionen bestellt? Das wirft ihm jedenfalls FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl vor und spielt damit auf die Maßnahmen der damals 14 EU-Partner gegen die schwarz-blaue Bundesregierung im Jahr 2000 an.
FPÖ steht für ein Europa der Vaterländer
Kern hätte die “ungerechtfertigten Unterstellungen” gegenüber der FPÖ zurückweisen sollen, stattdessen gieße er “auch noch Öl ins Feuer”, kritisierte der FPÖ-Generalsekretär. “Der Kanzler wandelt offenbar bereits auf den Spuren von Viktor Klima, bereitet sich selbst schon auf seine Wahlniederlage in zwei Wochen vor und bestellt bereits jetzt neue EU-Sanktionen, wenn das Ergebnis nicht seinem Wunsch entsprechend ausfällt.”
Kickl wies die Darstellung zurück, wonach die FPÖ “krass antieuropäisch” eingestellt sei. Die FPÖ sei “EU-kritisch” und stehe für ein “Europa der Vaterländer”. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sei Proponent einer Union, die für Rechtsbruch, Zentralismus und Zwangsverordnung stehe.