Neben Syrien tobt auch im nordafrikanischen Libyen seit Jahren ein erbitterter Bürgerkrieg. Die von den Vereinten Nationen eingesetzte Regierung unter Ministerpräsident Fajis al Sarradsch hat schon lange die Kontrolle über den Großteil des Landes verloren. Sie hält nur noch wenige Gebiete, darunter die Hauptstadt Tripolis an der Küste im Westen des Landes. Die Gegenregierung unter General Chalifa Haftar mit seiner “Libyschen Nationalarmee” (LNA) ist nun bis kurz vor die Stadt vorgerückt – ihr fehlen noch etwa fünf Kilometer bis zum Sieg.
Westen stürzte das Land in Chaos
Der aktuelle libysche Bürgerkrieg wird von den systemtreuen Medien seit Jahren nur stiefmütterlich behandelt. Der vorherige Krieg, der 2011 stattgefunden hatte, war damals monatelang in den Schlagzeilen. Die Vereinigten Staaten, Frankreich und das Vereinigte Königreich hatten Aufständische, zumeist radikal-islamische Rebellen, dabei massiv unterstützt, den rechtmäßigen Machthaber Muammar al-Gaddafi zu stürzen und zu ermorden. Für den Kriegseinsatz agierten die westlichen Staaten ohne jegliches völkerrechtliche Mandat. Nach dem Krieg wurde seitens der Vereinten Nationen eine neue Regierung eingesetzt. Doch in Wirklichkeit begann mit dem Sturz Gaddafis das Chaos.
Offizielle Regierung mit Nähe zum radikalen Islamismus
Das Land stürzte in einen neuen Bürgerkrieg, der von den westlichen Medien kaum beachtet wird. Im Osten des Landes gab es 2014 einen Militärputsch unter dem Ex-Armeeoffizier und Warlord Haftar. Er baute eine Gegenregierung in der ostlibyschen Hafenstadt Tobruk auf und begann seinen Eroberungszug. Der Westen verhielt sich dabei immer zurückhaltender mit Unterstützungsbekundungen an die von ihm selbst eingesetzte offizielle Regierung. Der Makel dieser Regierung war/ist nämlich, dass diese ins radikal-islamische Milieu abgedriftet ist. Ohne der strengen Kontrolle Gaddafis konnten bald zahlreiche Milizen des “Islamischen Staats” (IS/Daesh) im Land Fuß fassen. Auch konnten sich seit dem Sturz Gaddafis Millionen afrikanische Wirtschaftsmigranten, als syrische Flüchtlinge getarnt, Richtung Mittelmeer und Europa aufmachen.
Tripolis steht vor der Entscheidungsschlacht
Inzwischen ist die Armee Haftars, die von Russland, Frankreich und einigen arabischen Ländern unterstützt wird, bis auf fünf Kilometer vor die Hauptstadt Tripolis vorgerückt. Sie kontrolliert bereits gut 80 Prozent des Staatsgebiets. Offiziell gilt seit Dezember eine Waffenruhe. Doch vereinzelte Gefechte nahmen in den letzten Wochen wieder stark zu. Truppenbewegungen lassen vermuten, dass Haftar seinen letzten, entscheidenden Angriff auf Tripolis vorbereitet.
Erdoğan unterstützt auch hier islamistische Kräfte
Der letzte große Verbündete der offiziellen Regierung ist die Türkei. Präsident Recep Tayyip Erdoğan setzt alles daran, die islamisch-radikale Regierung an der Macht zu halten. Wie unzensuriert berichtete, rekrutiert die Türkei gezielt islamistische Krieger mit Erfahrungen aus dem Syrienkrieg und befördert diese nach Libyen. In Tripolis sollen inzwischen tausende türkische Soldaten dabei sein, die die Stadt zu einer Festung ausbauen. Ähnlich wie in Syrien scheint Erdoğan gewillt zu sein, den radikal-islamistischen Einfluss bis zuletzt zu unterstützen – und trifft auch hier auf russische Kräfte, die die Gegenseite unterstützen. Daher scheint eine militärische Eskalation unausweichlich, die im allgemeinen Corona-Wirbel wohl weitgehend untergehen wird.