Stimmen von SOS Kinderdorf haben heute, Montag, darauf hingewiesen, dass mehr als 13.000 Kinder und Jugendliche in Österreich nicht bei ihren Eltern aufwachsen. Der Großteil der Kindesabnahmen erfolge nicht wegen Gewalt, nicht wegen sexueller Übergriffe, sondern wegen Überforderung der Eltern, wegen Vernachlässigung der Kinder, heißt es. Bei zwei Dritteln aller Kinder, die fremd untergebracht sind, sieht SOS Kinderdorf das Potential, dass ihre Eltern sich wieder um sie kümmern könnten. Für eine angemessene Elternarbeit mit ein bis zwei Kontakten pro Woche wären Investitionen von rund 25 Millionen Euro jährlich nötig. Angesichts der hohen Kosten, die entstehen, wenn Kinder jahrelang in betreuten Wohngemeinschaften leben, sei das eine gute Investition.
Keine Maßnahmen von Schwarz-Grün im Regierungsprogramm
Nun, der Argumentation kommt durchaus Berechtigung zu. Eingangs soll erwähnt werden, dass im schwarz-grünen Regierungsprogramm keine Maßnahme beschrieben wird, die Eltern hilft, deren Kinder in Fremdbetreuung untergebracht sind.
Laut dem aktuellen Sozial-, Kinder- und Jugendbericht (für das Jahr 2018) befinden sich 13.325 Kinder nicht in Betreuung ihrer leiblichen Eltern. 8.110 Kinder leben in sozialpädagogischen Einrichtungen, die auch als Wohngemeinschaften bekannt sind. In Wien dürfen in solchen WG nicht mehr als acht Kinder untergebracht werden. 5.325 Kinder leben bei Pflegepersonen (ergibt 13.435 Kinder, die Differenz entstand durch Mehrfach-Nennungen in manchen Bundesländern).
Jedes Kind in Fremdbetreuung kostet 50.000 Euro im Jahr
Kinder, die fremdbetreut werden, verursachen hohe Kosten. Hochgerechnet kann man pro Jahr und pro Kind von 50.000 Euro sprechen. 660 Millionen Euro muss die öffentliche Hand ausgeben, wobei die Personalkosten der Kinder- und Jugendhilfeträger nicht eingerechnet werden. 43,7 Millionen Euro werden in Form von Unterhaltszahlungen durch Eltern zurückgefordert.
Alleinerzieher eher überfordert
Eine Kindesabnahme zu vermeiden, sollte für alle Beteiligten die erste Option sein, die es zu fördern gilt. Doch warum kann auch eine Überforderung zu einer Kindesabnahme führen? Die Realität zeigt, dass das traditionelle Familienbild eines harmonischen Zusammenlebens von Vater und Mutter nicht immer hält. Es kommt oft zu Trennungen, was auch zu einer höheren Anzahl an Alleinerziehern – in der Regel die Mutter – führt. Wenn nun eine Mutter sich um ein oder sogar mehrere Kinder überwiegend alleine kümmern muss, dann kann dies unausweichlich zu einer Überforderung führen, die in einer Kindesabnahme endet.
Kommt es zu einer solchen Abnahme, werden beide Eltern verpflichtet, Unterhalt an die öffentliche Hand zu bezahlen. In Wien beträgt der Tagessatz in einem Krisenzentrum und einer Wohngemeinschaft 80 Euro. Faktisch müssten von den Eltern 2.400 Euro monatlich pro Kind bezahlt werden. Im Jahr sind das 29.000 Euro. In anderen Bundesländern ist der Tagessatz, je nach Einrichung, weitaus höher. Natürlich bezahlen Eltern aber Unterhalt aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, womit zuletzt 43,7 Millionen Euro von Eltern geholt werden konnten.
Keine Familiebeihilfe für Eltern
Und noch ein Detail am Rande. Der Staat bestraft Eltern auch noch damit, dass keine Familienbeihilfe bezahlt wird. Der Staat meint, dass durch den Umstand, dass Kinder fremdbetreut werden und dies hohe Kosten verursacht, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht. Selbst dann nicht, wenn Kinder die Wochenenden bei Eltern verbringen und Eltern einen hohen Unterhalt bezahlen.
Der Staat meint, dass Eltern nur dann die Familienbeihilfe zusteht, wenn die Eltern überwiegend Unterhalt bezahlen. Damit sind aber auch die Kosten gemeint, die eben aufgrund der Fremdbetreuung entstehen. Betragen Kosten, wie bereits beschrieben, 2.400 Euro pro Kind monatlich, müsste mindestens 1.200 Euro Unterhalt von den Eltern bezahlt werden. Lebt aber ein Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens in einer Anstaltspflege, so müssen Eltern lediglich Unterhalt in jener Höhe bezahlen, die für Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezahlt wird.
Auch kein Familienbonus plus
Dazu kommt auch noch der Umstand, dass Eltern auch keinen Anspruch auf den Familienbonus plus haben. Grundsätzlich hätte ein Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, Anspruch, wenn das Kind beim anderen Elternteil lebt. Lebt das Kind aber in einer Wohngemeinschaft, dürfte in jedem Fall kein Familienbonus plus bezahlt werden.
Warum der Gesetzgeber eine derartige Ungleichbehandlung vornimmt, bleibt mehr als fraglich. Und entsprechende Vorschläge liegen jedenfalls weder bei Schwarz noch Grün auch auf dem Tisch, um Eltern von Kindern, die fremdbetreut werden, zu helfen. Man darf gespannt sein, wann Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) diesbezüglich aktiv wird.