Kärnten feiert nächstes Jahr am 10. Oktober „100 Jahre Volksabstimmung“. Damals, im Jahr 1920, stimmten 59,04 Prozent der großteils gemischten Bevölkerung im Grenzgebiet Südkärntens für den Verbleib bei Österreich.
Jugoslawien beanspruchte Grenzgebiet
Bis heute ist diese Volksabstimmung, die im Gefolge des Vertrags von Saint-Germain die staatliche Zugehörigkeit der nach dem Ersten Weltkrieg durch Jugoslawien beanspruchten Gebiete im Südosten Kärntens entschieden hat, einer der wenigen Fälle demokratischen Ausdrucks des vom 28. US-Präsidenten Woodrow Wilson proklamierten Selbstbestimmungsrechts der Völker nach 1918.
Katalonien kämpft für Unabhängigkeit
Direkte Demokratie und das Selbstbestimmungsrecht der Völker stecken fast hundert Jahre nach der Volksabstimmung in Kärnten aber immer noch in den Kinderschuhen, wenn man die aktuelle Diskussion um die Unabhängigkeit Kataloniens verfolgt. Am Samstag haben in Barcelona wieder hunderttausende Menschen für die Selbstbestimmung ihres Heimatlandes demonstriert. Sie schwenkten katalanische Fahnen und riefen „Freiheit für die politischen Gefangenen“.
Politiker gefangen genommen
Heute, im zivilisierten Europa, in einer oft wortreich gepriesenen demokratischen Europäischen Union werden Politiker gefangen genommen, die für die Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ihres Landes eintreten und die Mehrheit des Volkes repräsentieren. Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont musste sogar ins Ausland flüchten, um nicht wegen Landesverrats angeklagt zu werden.
Militärischer Einsatz gegen Selbstbestimmung
Katalonien in Spanien wurde so zum entlarvenden Beispiel für die politischen Akteure in Brüssel, die zwar gerne von direkter Demokratie und Selbstbestimmungsrecht reden, dies in Wahrheit aber nicht wollen. Wenn das nicht einmal in Europa, etwa auch in Südtirol, möglich ist, braucht man sich nicht zu wundern, dass in der Kurdenfrage nichts weitergeht. Wie gelähmt schaut die EU zu, wie die türkische Regierung das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes mit brutalen militärischen Mitteln bekämpft.
Nächstes Jahr, wenn die Kärntner ihr erlangtes Selbstbestimmungsrecht feiern, sollte nicht vergessen werden, dass so eine Volksabstimmung hundert Jahre später noch immer keine Selbstverständlichkeit geworden ist und die Menschen, allen voran jene in Südtirol, noch immer nicht selbst entscheiden können, welchem Land sie angehören wollen.