Die ÖVP hat angekündigt, heute, Donnerstag, im Nationalrat einen Antrag einzubringen, mit dem Touristen von der Autobahn-Maut befreit werden sollen. Hintergrund ist die Verkehrsproblematik im Grenzbereich wie zum Beispiel im Raum Kufstein (Tirol). Da die schwarzen Landeshauptmänner mit ihrem grünen Anhängsel offensichtlich nicht in der Lage sind, lokale Verkehrsprobleme zu lösen, nehmen sie die türkise Bundesspitze in Geiselhaft. Und die – trotz Versprechen, keine Budget-relevanten Beschlüsse vor der Wahl zu treffen – ist gehorsam und brachte heute einen Antrag ein, der zahlreiche Maut-Ausnahmen vorsieht:
- die Mautstrecke A 1 Westautobahn zwischen der Staatsgrenze am Walserberg und der Anschlussstelle Salzburg Nord,
- die zu errichtenden Bypassbrücken auf der Mautstrecke A 7 Mühlkreis Autobahn zwischen der Anschlussstelle Hafenstraße und der Anschlussstelle Urfahr,
- die Mautstrecke A 12 Inntalautobahn zwischen der Staatsgrenze bei Kufstein und der Anschlussstelle Kufstein-Süd,
- die Mautstrecke A 14 Rheintal/Walgau Autobahn zwischen der Staatsgrenze bei Hörbranz und der Anschlussstelle Hohenems und
- die im Bau befindliche Mautstrecke A 26 Linzer Autobahn.
Diese Ausnahmen werden jedoch die Verkehrsprobleme nicht lösen, sondern lediglich den Touristen eine kostenlose Fahrt auf Österreichs Autobahnen ermöglichen. Zahlen wird das der österreichische Steuerzahler. Die FPÖ hat angekündigt, diesem Vorhaben nicht zuzustimmen und argumentiert das wie folgt:
- Ein seit über einem Jahrzehnt stabiles System wird am Scheiterhaufen der Wahlkampfpolemik geopfert
- Kniefall vor landespolitischen Interessen
- Das System funktioniert flächendeckend ohne Ausnahmen und trägt als Benutzungsabgabe der Autobahnen und Schnellstraßen für eine gezielte Reinvestition Sorge wie Neubau – Projekte wie Tschirganttunnel oder S18 können dann nicht mehr finanziert werden
- Durch eine Ausnahmeregelung wird das System Stück für Stück ausgehöhlt und reduziert die Einnahmen, sodass mittelfristig weniger Investitionen für Lärmschutzmaßnahmen oder Ausbau der Infrastruktur übrig bleibt
- Mit der Ausnahme löst man einen Flächenbrand aus, weil man beginnt bestimmte Gebiete besser zu stellen als andere – eine Ungleichbehandlung, wodurch ein weiteres Verlangen nach Ausnahmen vorprogrammiert ist.
- Die Vignettenbefreiung bevorteilt zum Großteil nicht die Inländer, sondern ermöglicht es ausländischen PKW gratis unsere Autobahnen zu nutzen (92% der Jahresvignettenbesitzer sind Österreicher)
- Bei 10-Tages-Vignetten, die meistens von Ausländern für einen kurzen Streifzug ins österreichische Staatsgebiet genutzt werden, sind es hingegen 62% ausländische Kfz.
- Die ursprüngliche Problematik der Kufsteiner Bevölkerung wird dadurch nicht gelöst. Der Durchzugsverkehr ist ausreiseseitig erwiesenermaßen nur auf die Grenzkontrollen zurückzuführen – was bedeutet, dass auch in Zukunft die Lenker, die sich dann zwar keine Vignette mehr kaufen müssen, durch den Ort fahren.
- Ziel muss sein, den Durchzugsverkehr einzudämmen: Dies kann nur durch temporäre Fahrverbote am niederrangigen Netz erfolgen – hierfür liegt die Verantwortung beim Land
Selbst die der ÖVP nahestehende Tirol Tageszeitung schreibt kritisch dazu:
Die Frage steht daher im Raum: tauscht das Land die erfolgreiche Pkw-Bremse im Unterland gegen die Wiedereinführung der Vignettenbefreiung – sie wurde 2013 unter SPÖ-Verkehrsminsiterin Doris Bures beendet – ein?
Seltsam mutet auch an, dass die Neos den Antrag unterstützen wollen. Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger meinte in ihrer heutigen Parlamentsrede noch:
Wenn der Wahltag vor Augen ist und die Angst offensichtlich vor Wählerklientelen, dann gerät das ganz, ganz schnell zu einer ganz bitterlichen Unvernunft. Und was wir heute sehen, ist nichts anderes als diese Unvernunft und Zukunftsvergessenheit und letztendlich auch ein Schlag ins Gesicht der jungen Menschen
Man merkt, es ist Wahlkampfzeit, und vielleicht hatte Wiens Alt-Bürgermeister Michael Häupl mit seiner Aussage, dass der Wahlkampf “Zeit der fokussierten Unintelligenz” sei, nicht ganz so unrecht.
Keine Zustimmung der FPÖ zu Mautplänen
Die von der ÖVP präsentierten Pläne für Maut-Vignetten-Ausnahmen werden von der FPÖ jedenfalls keine Zustimmung erhalten. Verkehrssprecher Christian Hafenecker sprach am Rande der heutigen Nationalratssitzung von einem “reinen Wahlkampf-Gag” und einem “Beweis, dass sich die Bundespartei von der Westachse der ÖVP treiben lasse”.