Kanzler und Vizekanzler haben dem Parlament auf besonders anschauliche Weise gezeigt, was sie von ihm halten, nämlich nichts. In letzter Minute, als der Fahrplan für die nächsten Sitzungstage des Nationalrats schon beschlossen war, wurde den Präsidenten und Klubobleuten in der Präsidiale des Nationalrats ein Brief von Faymann und Pröll vorgelegt. Darin teilen sie lapidar mit, dass heuer das Budget für 2011 nicht wie vorgesehen verfassungskonform zustande kommen wird.
Parlamentarismus und Bürgerinteressen kosten sie nur un müdes Lächeln: Pröll und Faymann halten die Menschen bis nach den Landtagswahlen am Schmäh.
Sie haben aber schon ein Schlupfloch gefunden und bitten nun Präsidentin Prammer und die Fraktionen um Mithilfe beim Betrug am Wähler. Das Parlament möge doch so nett sein und seinen Terminplan ändern, damit Faymann und Pröll am 9. Dezember noch schnell ihr Budget für 2011 beschließen lassen können – ohne vorherige Begutachtung durch die Parlamentsparteien, versteht sich.
Wahrheit wird belohnt, Regierung lügt trotzdem weiter
International war bei Wahlen zuletzt zu beobachten, dass jene Parteien, die den Menschen die Wahrheit über bevorstehende Sparpakete gesagt haben, ganz gut abgeschnitten haben. SPÖ und ÖVP probieren es – in realistischer Einschätzung der eigenen Fähigkeiten – dennoch mit der Lüge. Bis zu den Landtagswahlen im Herbst in Wien und der Steiermark wird wohl viel versprochen, danach alles gebrochen.
In Komplizenschaft zur Regierung begibt sich auch diesmal die übrwiegende Mehrheit des Nationalrats. Die Klubobleute Cap (SPÖ) und Kopf (ÖVP) waren von dem heute ganz überraschend auftauchenden Papier natürlich im vorhinein informiert. Die Szene war so schaurig schlecht gespielt, dass es dem Vernehmen nach auch Nationalratspräsidentin Prammer peinlich war, wie ungeniert ihre roten Kollegen und die ÖVP den Parlamentarismus verraten – genauso wie das gerechtfertige Interesse des Bürgers, beizeiten über seine Zukunft informiert zu werden.
Das Schreiben von Kanzler Faymann und Vizekanzler Pröll verlinken wir hier der Vollständigkeit halber. Inhalt hat es jedoch praktisch keinen.
Wird Fischer kritische Worte finden?
Mitten in diese demokratiepolitische Farce, die sicher im Zuge der nächsten Plenartage von Mittwoch bis Freitag zu besprechen sein wird, platzt auch noch Bundespräsident Heinz Fischer, der am Donnerstag für seine zweite Amtszeit angelobt wird. Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf sieht ihn in der Pflicht: „Ich gehe davon aus, dass er diesen Betrug an Wählern und Parlament mit scharfen Worten thematisieren wird."
Wetten, er wird nicht? Die Vorgehensweise von Faymann und Pröll entspricht genau Heinz Fischers nordkoreanischem Demokratieverständnis.
Gerade noch gesehen: Weil sich doch schon der eine oder andere Politiker in scharfen Worten über diese Sauerei beschwert hat, ruft SPÖ-Bundesgeschaäftsführerin Laura Rudas jetzt zu einer "Abrüstung der Worte" auf. Was uns betrifft, kann sie sich das aufzeichnen, so lange ihr Parteichef glaubt, er kann ganz Österreich für dumm verkaufen.
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