Eine kürzlich erschienene Publikation des Österreichischen Instituts für Internationale Politik, die sich mit den geradezu heraufbeschworenen "Transformationen in der arabischen Welt" befasst, bestätigt nun unsere bereits vor langer Zeit geäußerten Vermutungen: Die europäische (und somit leider auch bedingungslos die österreichische) Politik nimmt nicht – wie vielfach beteuert – das Wohl der Bevölkerung zum Anlass, in die libysche Politik einzugreifen.
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Die Aktion, die als humanitäre Hilfe in Libyen gedacht war, hat sich wenig überraschend bereits jetzt als Forderung zum "regime change" entpuppt – der Westen verfolgt also ganz konkret eine Änderung der Machtverhältnisse zu seinen Gunsten. Als Beispiel führt der Bericht sogleich Hamid Karzai an: Der neue Präsident Afghanistans hat "ausgezeichnete Kontakte" zu den USA.
westlichen Wünschen nach liberalem Kapitalismus fangen sie nichts an.
Foto: Naser Nouri / flickr
Als weiteres Beispiel werden die "jungen Internetfreaks" genannt, die durch ferngesteuerte Vernetzung den bewaffneten Krieg erst möglich machten. Entgegen der geplanten Entwicklung, so stellt der österreichische Report mit größter Bekümmernis fest, orientiert sich der wackelige selbsternannte "Übergangsrat" an den alten Organisationsformen Libyens – an jener organisch gewachsene Struktur aus demokratischen Institutionen, paramilitärischen Einheiten und traditionellen Verbänden wie Stämmen und Clans. Die Alternative zu einer solchen Struktur, die ohne Parteien auskommt, wäre viel zu schwach und verstreut, um einen Staat wirkungsvoll zu regieren – was die westlichen Machthaber mit ihrem Bestreben nach "liberaldemokratischen Systemen" und "sozio-ökonomischen Interessen und Ideologien" (im Klartext: Wirtschaftsorientierung nach amerikanischem Vorbild) zutiefst enttäuscht.