Als Anfang der siebziger Jahre Bruno Kreisky als SPÖ-Kanzler nach zwei Wahlsiegen begann, seine Reformvorhaben umzusetzen, kam ihm in Wien ein Skandal in die Quere. Dort hatte sich seit 1945 in der mit absoluter Macht dominierten Stadtverwaltung ein eigenes rotes Wirtschaftsimperium entwickelt. Fünf gemeindeeigene Wohnbaugesellschaften bildeten die Super-Wohnbaugesellschaft Wiener Bauring. Obwohl ein rechtliches Verbot für die für den kommunalen Wohnbau geschaffene Firma bestand, sich im Ausland als Bauträger zu engagieren, wurde dieses von den handelnden Managern ignoriert.
Man engagierte sich im Gegenteil im arabischen Raum mit zahlreichen Auslandsbauvorhaben. Da Know How und das entsprechend erfahrene Management fehlten, kam es zu einem Fiasko. Durch Managementfehler und in weiterer Folge auch Korruptions- und Betrugshandlungen wurde bis zum Jahr 1973 ein Schuldenstand beim Wiener Bauring von nicht weniger als 1,4 Milliarden angehäuft. Die jahrelang als Planziel genannte Gewinnvorschau von plus 700 Millionen Schilling wurde somit ins totale Gegenteil verkehrt. Damit hatte das Auslandsengagement keinen zusätzlichen ökonomischen Spielraum für den kommunalen Wohnbau geschaffen, sondern endete im Gegenteil in gesetzeswidrigen und wirtschaftlich verlustreichen Ergebnissen.
Felix Slavik und Reinhold Suttner als politisch Verantwortliche
Als ein Kontrollamtsbericht der Stadt Wien im Frühsommer 1973 aufdeckte, dass allein durch fahrlässiges Verhalten der Bauring-Direktoren Wawowetz und Zöllner 550 Schilling Verlust erwirtschaftet worden waren, war der Skandal perfekt. Vor allem das grob fahrlässige Verhalten der Aufsichtsorgane, im konkreten des Aufsichtsratsvorsitzenden und SPÖ-Klubobmanns Reinhold Suttner und des SPÖ-Finanzstadtrates Felix Slavik, der 1970 bis 1973 auch Bürgermeister war, führte zu einem politischen Aufschrei. Suttner, der zwischen 1968 bis 1973 auch Wohnbaustadtrat war, wurde die politische Hauptverantwortung zugeordnet, was aber seine weitere politische Funktionärslaufbahn nicht beendete. Er blieb bis 1978 Klubobmann und war dann noch Bundesrat und sogar Bundesratsvorsitzender bis Mitte der achtziger Jahre. Und auch als Generalsekretär des Städtebundes durfte er seine kommunalwirtschaftlichen Erfahrungen weitergeben.
Architekt erhielt als Einziger eine Strafe
Beim 1976 erfolgten Strafprozess kam es aber weder gegen verantwortliche Politiker noch Manager zu Schuldsprüchen. Im Gegenteil: Während gegen die SPÖ-Rathausriege nicht einmal Anklage erhoben worden war, gingen die Bauring-Manager frei. Begründung: erschütternde Ahnungslosigkeit und Sorglosigkeit bis hin zur Unfähigkeit. Lediglich ein in die Machenschaften des Baurings verwickelter Architekt, der unter anderem 60 Millionen Schilling aus Bauring-Geldern in einem Kreditbetrug in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte, wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Das es sich um einen handfesten Skandal im Machtbereich des roten Wien handelte, konnte damals nicht einmal die Arbeiterzeitung verschwiegen.
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