Bundeskanzler Werner Faymann hat sich die verfassungsmäßige Verankerung der Schuldenbremse offensichtlich einfacher vorgestellt. Seit eineinhalb Woche, also seit der offiziellen Verkündung des Projekts einer verfassungsgesetzlichen Verankerung einer Schuldenobergrenze, versuchen die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, in der Öffentlichkeit Druck auf die parlamentarische Opposition auszuüben, um die notwendige Zweidrittelmehrheit mit FPÖ, Grünen oder BZÖ parlamentarisch umsetzen zu können. Mit öffentlichen Appellen, aber auch individuellen Zugeständnissen bearbeitet man die Opposition, um dort Bewegung und die notwendigen Stimmen für die Abstimmung zu bekommen. Nunmehr wackelt die Zustimmung aber aus einem anderen Grund. Innerhalb der SPÖ organisiert sich rund um die Arbeitnehmerflügel eine innerparteiliche Opposition gegen Bundeskanzler und SPÖ-Bundesparteiobmann Werner Faymann.
Arbeiterkammer und ÖGB lehnen Schuldenbremse ab
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In den letzten Tagen haben sich sowohl der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) als auch die Arbeiterkammer (AK) gegen die Schuldenbremse, aber auch für eine Belastungsobergrenze bei Steuern und Abgaben ausgesprochen. Während in der Arbeiterkammer die Fraktion Sozialistischer Gewerkschafter (FSG) und der ÖAAB gemeinsam gegen die Schuldengrenze auftraten, enthielten sich die ÖVP-Vertreter im ÖGB-Präsidium bei einer entsprechenden Abstimmung der Stimme. Folgen die Arbeitnehmervertreter von SPÖ und ÖVP im Nationalrat ihren Fraktionen in der Arbeiterkammer, dann wird es im Nationalrat nicht einmal eine einfachgesetzliche Mehrheit für die Schuldenbremse geben. Damit wäre das ab 2017 angestrebte Nulldefizit vom Tisch.
Altminister Lacina und Edlinger ebenfalls gegen Schuldenbremse
Aber nicht nur aus der Arbeitnehmervertretung droht der Regierung bei der angestrebten Schuldenbremse eine Totalblockade. Innerhalb der größeren Regierungspartei SPÖ sagen sich auch wesentliche Repräsentanten von diesem Instrumentarium los. So haben sich in Interviews und Stellungnahmen gegenüber dem ORF sowohl der ehemalige SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina als auch Rudolf Edlinger, einer seiner Amtsnachfolger, nachdrücklich gegen die Schuldenbremse in der Verfassung ausgesprochen. Beide sehen eine wesentliche Einschränkung des politischen Handlungsspielraumes, wenn die Politik durch die Verfassung veranlasst wird, nicht mehr auszugeben, als eingenommen wird.