Die schwedische Gender-Lobby plant einen außergewöhnlichen Eingriff in die schwedische Sprache: die Einführung eines neuen Pronomens. Anlass dafür ist die Tatsache, dass es im Schwedischen nur „er“ (han) und „sie“ (hon) gibt, aber kein Pronomen für Personen, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen. Dem soll durch das geschlechtsneutrale Pronomen „hen“ abgeholfen werden. Dieses könnte man dann auch für Personen anwenden, deren Geschlecht unbekannt ist, wie etwa einen Einbrecher, den niemand gesehen hat. Jetzt werden Unbekannte immer als „han“ (er) genannt, wodurch sich Feministen diskriminiert fühlen.
Die Idee eines geschlechtslosen Pronomens existiert in Schweden schon seit den sechziger Jahren, lebt nun aber wieder auf, da im Jänner dieses Jahres ein Kinderbuch erschienen ist, in dem „hen“ angewendet wird. Wieder einmal müssen also die Kinder als Versuchskaninchen für die absurden Ideen genderbegeisterter Erwachsener herhalten. In dem Buch „Kivi & Monsterhund“ spielt ein geschlechtsloses Kind namens „Kivi“ die Hauptrolle, für welches der Autor das Pronomen „hen“ benutzt. Die Eltern sind ebenfalls geschlechtslose Wesen und werden als „Mappa“ und „Pamma“ bezeichnet. Die Verwirrung der Kinder dürfte damit komplett sein.
Autor Lundqvist hält Geschlecht von Kindern für unbedeutend
Ein Kind sei in erster Linie ein Kind und nicht männlich oder weiblich, meint der Autor Jesper Lundqvist. Es sollen sich Buben und Mädchen mit Kivi identifizieren können und dabei nicht durch vorgefertigte Rollenbilder beeinflusst werden. Die Selbstgerechtigkeit vieler Gender-Lobbyisten wird auch an Lundqvist deutlich. So stellt er fest, dass es für ihn sehr befreiend gewesen sei, den „Geschlechtsgedanken“ völlig beiseite zu lassen. Er habe außerdem positive Reaktionen von Personen bekommen, die mit ihrem Geschlecht nicht glücklich seien. All das ist schön für ihn, hat aber mit den Bedürfnissen seiner Leser, der Kinder, nicht das Geringste zu tun.
Das Erscheinen des Buches hat in Schweden eine Debatte ausgelöst, an der sich auch Politiker beteiligen. Die Ministerin für Integration und Gleichstellung, Nyamko Sabuni, sieht das Pronomen als eine neue Möglichkeit, Gleichberechtigung zu erzeugen. Dagegen wendet Maud Olofsson von der Zentrumspartei ein, das Pronomen könne einem Kind die Geborgenheit in seiner Identität rauben, da es von den Eltern nicht als das anerkannt wird, was es real ist, nämlich Bub oder Mädchen. In der schwedischen Nationalenzyklopädie, dem größten Nachschlagewerk in schwedischer Sprache, das aber keinen offiziellen Charakter besitzt, wird „hen“ schon seit 2009 angeführt. Um ein offizielles Wort zu werden, müsste es aber in der Wortliste der schwedischen Akademie aufscheinen, wo es momentan noch nicht zu finden ist.
Künstliche Wortschöpfungen setzen sich nicht durch
Bei „hen“ handelt es sich im Grunde um ein Minderheitenprojekt, das wohl kaum Eingang in die Umgangssprache finden wird. Im Deutschen ist schon einmal ein Projekt gescheitert, bei dem eine scheinbare Lücke in der natürlichen Sprache durch ein Kunstwort geschlossen werden sollte: 1999 wollten die Duden-Redaktion und ein Getränkehersteller das Adjektiv „sitt“ einführen. In Anlehnung an „satt“ sollte es in der Bedeutung „nicht mehr durstig“ gebraucht werden. Das Wort setzte sich nicht durch.
„Hen“ wirft dagegen noch weitere Probleme auf: Als Pronomen benötigt es auch eine Akkusativ- und Genetivform, den Schweden sollen also gleich drei neue Wörter zugemutet werden. Über die Formen von „hen“ ist sich die Gender-Lobby außerdem nicht einig. In Anlehnung an die Formen von „han“ („honom, hans“) wurden für „hen“ die Abwandlungen „henom, hens“ erfunden. Feministen sehen darin jedoch noch immer eine Benachteilung der Frau, da die Formen dem männlichen Pronomen nachempfunden sind. Sie bringen andere Vorschläge wie die aus dem Finnischen entlehnten "henen, henens" ein, die aber wiederum stark an die Formen des weiblichen "hon" ("henne, hennes") erinnern.