Einheiten der Polizei stürmten Freitagabend in Istanbul das Redaktionsgebäude der regierungskritischen Zeitung Zaman. Zuvor war die Zeitung mittels Gerichtsbeschluss unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt worden. Gegen Demonstranten, die sich vor dem Gebäude versammelt hatten, ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern vor.
Mit einer Auflage von rund 850.000 Stück war Zaman im letzten Jahr die auflagenstärkste Zeitung der Türkei. Zaman steht der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen nahe, der heute in den USA im Exil lebt. Gülen war einst ein Unterstützer des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, hat sich mit ihm aber überworfen. Erdogan wirft ihm vor, einen Umsturz zu planen. Gülens Hizmet-Bewegung ist in der Türkei inzwischen zur Terrororganisation erklärt worden.
Erdogan geht gegen kritische Medien und Journalisten vor
Bereits im letzten Oktober, kurz vor der Parlamentswahl, stürmte die Polizei in Istanbul die Zentrale des regierungskritischen Medienkonzerns Koza-Ipek. Mit Kettensägen verschafften sich die Sicherheitskräfte Zugang zu den Redaktions- und Regieräumen. Gegen die sich zur Wehr setzenden Redakteure wurde Pfefferspray eingesetzt. Auch diese Mediengruppe wurde unter Zwangsverwaltung der Regierung gesetzt.
Im November letzten Jahres wurden der Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet und ein Journalist verhaftet. Ihnen wurde die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Spionage vorgeworfen. Hintergrund war ein von ihnen verfasster Bericht über Waffenlieferungen von der Türkei an Extremisten in Syrien. Mittlerweile wurden sie zwar auf Beschluss des Verfassungsgerichtes frei gelassen, doch droht ihnen nun aufgrund einer Anklage wegen Unterstützung einer Terrororganisation und Verstößen gegen die Staatssicherheit eine lebenslange Haftstrafe.