Schon das Deckblatt des Berichts, den Amnesty International über das Asylantenlager in Traiskirchen geschrieben hat, ist ein politisches Statement. „Quo vadis Austria? Die Situation in Traiksirchen darf nicht die Zukunft der Flüchtlingsbetreuung in Österreich werden“, steht da einer Anklage gleich über einem Traiskirchen-Ortsschild, auf das „Refugees welcome“ gekritzelt ist, zwischen die beiden Worte jedoch ein „not“ eingefügt wurde.
Mit rund 30 Asylanten gesprochen
„#MissionTraiskirchen“ nennen die Amnesty-Mitarbeiter twitter-modern und hochtrabend zugleich ihren Besuch. Die Erkenntnisse, die in den letzten Tagen in praktisch allen Medien als die ungeschminkte und schockierende Wahrheit verkauft wurden, fußen jedoch auf recht spärlichen Beobachtungen an nur einem einzigen Tag, dem 6. August 2015:
Im Zuge der Research-Mission hat Amnesty mit ca. 30 Asylwerber*innen, Angestellten der Betreuungsstelle Traiskirchen, Beamt*innen des Bundesministeriums für Inneres sowie dem Bürgermeister von Traiskirchen gesprochen.
Der Bericht liest sich über weite Strecken wie ein Erlebnisaufsatz, in dem die Schilderungen einzelner Asylanten als repräsentativ für die Gesamtheit der dort untergebrachten Asylanten präsentiert werden. Einige Beispiele:
- Ein Vater, der mit seinem 12-jährigen Sohn in die Betreuungsstelle Traiskirchen gekommen ist, zeigt Amnesty International anhand der „Klienten-Karten“, dass sein Sohn und er verschiedenen Häusern zugeteilt worden wären. Die beiden haben sich daher gezwungen gesehen, im Freien zu übernachten, um zusammenbleiben zu können.
- Nach Angaben von zahlreichen Asylwerber*innen werden die Duschen und Toiletten sowohl von Männern als auch von Frauen genutzt. Frauen verzichten daher oftmals auf das Duschen oder lassen jemanden Wache stehen.
- Vielfach erzählen Asylwerber*innen, dass das Essen anlässlich des Besuches von Amnesty International deutlich besser ist als sonst.
- Amnesty International wird mehrfach von Asylwerber*innen berichtet, dass sie erst dann einen Termin (für medizinische Versorgungen, Anm.) erhalten, wenn sie mehr als einmal zum Empfang kommen. Sonst werden sie eher wieder weggeschickt. Probleme gibt es vor allem auch, wenn sie nicht Deutsch oder Englisch sprechen.
- Einige Asylwerber*innen erzählten Amnesty International , dass viele AsylwerberI*innen, die krank sind, sich nicht trauen, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie haben Angst, dass sie dann nicht in die Bundesländer überstellt werden und noch länger in Traiskirchen bleiben müssen.
Medien verfallen in Drama-Modus
Der Bericht fasst insgesamt 16 Seiten und ist dabei reichlich bebildert, kann also in 20 Minuten locker durchgelesen werden. Österreichs Amnesty-Generalsekretär Heinz Patzelt dürfte das jedoch nicht getan haben. Anders ist sein Auftritt beim besonders dramatisierend berichtenden Sender Puls 4 nicht erklärbar, wo er besonders auf folgenden Umstand hinwies:
Die Perfidie und Niedertracht in Traiskirchen – es gibt drei wichtige Schlangen: medizinische Betreuung, Essen, Idenitätskarten-Registrierung. Es gibt kein Wartenummern-System. Es gibt keine Chance, eine Schlange zu verlassen. Wenn man eines haben will, kostet das die beiden anderen. Identitätskarte, hungriger Magen, keine Medizin. Medizin, kein Mittagessen und umgekehrt. Ich will einmal essen, dann falle ich in der Schlange bei den Ärzten zurück und bei der Registrierung.
Mann aus Somalia mit Wartenummer in der Hand
Er erkläre es sich „mit totalem Desinteresse, Ignoranz und himmelschreiender Inkompetenz der Leute, die dort versuchen zu administrieren“, dass es kein Wartenummernsystem gebe. Das klingt logisch und tatsächlich nach völligem Versagen – wenn nicht der Amnesty-Bericht dieser Darstellung selbst widerspräche. Dort heißt es nämlich – in einer der vielen rührseligen Geschichten – auf Seite 11:
Anlässlich des Besuchs in Traiskirchen begegnet das Team von Amnesty International einem jungen Mann aus Somalia, der nicht Englisch spricht und einen Zettel in der Hand hat, von dem er nicht weiß, was er damit tun soll. Es handelt sich um seine Wartenummer – eine Nummer über 50; es ist bereits später Nachmittag und derzeit ist Nummer 9 an der Reihe. Er wird wohl heute nicht mehr untersucht.
Wen interessieren schon die Details? Den Amnesty-Generalsekretär offenbar nicht. Ihm reicht es, wie Michael Jeannée in der Kronen Zeitung schreibt, wenn er „unser Land schlechtmachen“ kann. Dazu muss er nicht einmal, wie der Krone-Journalist vermutete, „aus London eingeflogen“ werden. Die fragwürdigen Menschenrechts-Verteidiger haben in Wien längst ein permanentes Lager aufgeschlagen.