Brasilien ist nicht nur eines der schönsten, sondern auch eines der größten Länder der Erde. Es ist ein in vielerlei Hinsicht reiches Land, trotzdem gibt es unzählige Probleme. Im kommenden Jahr sollen in Brasilien die Olympischen Sommerspiele stadtfinden. Die erneuten Unruhen sind nichts anderes als ein Spiegel der Realität eines Volkes, das um sein Recht auf das Notwendigste und gegen die Korruption des Landes kämpft. Seit dem Ende der Militärdiktatur in den 1980er Jahren sind die jetzigen Proteste die zweitgrößten ihrer Art.
Empörung über die herrschende Korruption
In den größten Städten Brasiliens protestieren seit Beginn dieses Jahres tausende Menschen, die ihre Empörung über die ungerechte Verteilung des Wohlstandes zum Ausdruck bringen und gegen die extrem gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie gegen den Korruptionsskandal um den staatlichen Ölkonzern Petrobras protestieren, in den viele Politiker der regierenden Arbeiterpartei (PT) verwickelt sein sollen. Etliche Politiker des PT sollen überhöhte Provisionen für diverse Bauaufträge erhalten haben, während sich die Bevölkerung kaum noch das Notwendigste und die Stromrechnung leisten kann. Es fehlt an allen Ecken.
Forderung: Neuwahlen und den Rücktritt der Präsidentin Rousseff
Die Bevölkerung verlangt das Impeachment von Präsidentin Dilma Rousseff. Beim Impeachment handelt sich um eine Anklage wegen Amtsvergehen (aus dem englischem impeachment), welches ein gegen einen hohen Staatsbeamten gerichtetes Verfahren, eine Anklage wegen Amtsmissbrauchs mit dem Antrag auf Amtsenthebung, ermöglichen soll. Im Zuge dessen wünscht sich die brasilianische Bevölkerung Neuwahlen, denn die Hoffnung auf eine korruptionsfreie Regierung ist noch nicht komplett gestorben, aber so wie mit der jetzigen Regierung kann und darf es nicht weitergehen. Die Unzufriedenheit ist quer durch das ganze Land sichtbar. Dem Vernehmen nach stehen nur noch acht Prozent der Bevölkerung hinter der Regierungschefin.
Die Proteste wiederholen sich Tag für Tag, tausende Menschen gehen auf die Straße. Die brasilianischen Medien wiederum verharmlosen alles. Im vergangenen Jahr stand Brasilien kurz vor Beginn der Fußball-WM 2014 wegen der heftigen Unruhen im Blickpunkt der internationalen Medien und auch da wurde im Lande sehr wenig darüber berichtet. Tatsache ist, dass tausende Menschen auf die Straße gingen und trotz der Versuche der inländischen Medien, dies zu unterdrücken, wurde es zu einem internationalen Thema.
Damals begann die Protestwelle mit lokalen Protesten der Bevölkerung gegen überzogene Fahrpreiserhöhungen im öffentlichen Verkehr und entwickelte sich zu landesweiten Massendemonstrationen und wilden Gewaltausbrüchen. Nun scheint sich das Szenario zu wiederholen.
Es gebricht am Notwendigsten
In vielen Teilen Brasiliens und in den Hauptstädten müssen zum Beispiel heute noch Patienten einen absolut vermeidbaren Tod sterben, nur weil im Rahmen der medizinischen Versorgung immer wieder die grundlegenden Voraussetzungen fehlen. Die Brasilianer wünschen sich bessere Lebensbedingungen und vor allem eine korruptionsfreie Regierung. Viele Brasilianer betrachten Strom als Luxus, denn es ist kaum möglich, die monatliche Stromrechnung zu begleichen. Die Inflation ist im vergangenen Jahr auf zehn Prozent gestiegen und die Arbeitslosigkeit ist schlimmer als je zuvor. Verbesserungen sind kaum in Sicht, und die Fußball-WM 2014 brachte nicht die erwartete Entwicklung fürs Land.
Weitere Aufrufe folgen
Das Ende der Protestwelle ist nicht abzusehen, via Facebook und Twitter werden Tag für Tag neue Aufrufe verbreitet. An Anlässen für weitere Proteste mangelt es im ganzen Land nicht, sei es wegen der landesweit extremen sozialen Ungleichheit, sei es wegen der wenig effizienten Bekämpfung der nach wie vor grassierenden Korruption. Die in den letzten Jahren von der Regierung versprochenen Verbesserungen im sozialen Bereich wurden bisher kaum umgesetzt und erscheinen den Menschen nur als Augenauswischerei. Es ist davon auszugehen, dass die brasilianische Bevölkerung die Proteste nicht sobald beenden wird, zumindest nicht solange die aktuelle Regierung an der Macht ist.