Viele Wähler misstrauen dem Briefwahl-System – zu Recht. Während sich nun die Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen zur mutmaßlich gesetzwidrigen Auszählung von Briefwahlstimmen in fünf Bezirken befassen muss, gibt es zahlreiche andere Fehlerquellen. Hier muss nicht einmal Manipulation im Spiel sein. Wenn jemand jedoch manipulieren will, geht es umso einfacher.
Wahlkartenausstellung fiel im Wahllokal nicht auf
Der Video-Blogger Chris Bienert – er beschäftigt sich normalerweise nicht mit Politik, sondern ist als „Fischflüsterer“ bekannt – machte öffentlich, was ihm bei der Bundespräsidentenwahl passierte. Er hatte sich eine Briefwahlkarte bestellt, ließ diese jedoch zu Hause und spazierte am Wahlsonntag mit der amtlichen Verständigung in sein Wahllokal. Dort ließ man ihn problemlos wählen, obwohl bei seinem Namen in der Wählerliste die Ausgabe der Wahlkarte vermerkt sein müsste. Offenbar fiel dies der Wahlkommission jedoch nicht auf.
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Wahlkarte Fail – Doppelwahl in Wien wäre möglich gewesen from Chris Bienert on Vimeo.
Nun war Chris Bienert, wie er im Video schildert, ehrlich genug, die Wahlkarte nicht zu verwenden. Doch es wäre für ihn problemlos möglich gewesen, zwei Stimmen abzugeben.
Wähler wusste nichts von angeblicher Wahlkarte
Ähnliche Fälle wurden unzensuriert.at zugetragen. So soll es beispielsweise dazu gekommen sein, dass jemand im Wahllokal wählen wollte und dort korrekterweise auf das Vorhandensein einer Wahlkarte aufmerksam gemacht wurde. Allerdings: Der Wähler wollte von einer Wahlkarte nichts wissen, wollte gar keine bestellt haben. Obwohl dies gesetzlich anders geregelt ist, ließ man ihn wählen. Sollte er ein Schwindler gewesen sein, hat er zwei Stimmen abgegeben.
Wahlkarte beantragt, aber nicht erhalten
Ebenfalls der Redaktion bekannt sind Wähler, die eine Wahlkarte bestellt, aber nie zugestellt bekommen haben. Ihr Problem ist ähnlich: Wollen sie eine Stimme abgeben, müssen sie in ihr Wahllokal gehen und hoffen, dass man sie dort doch wählen lässt.
Wahlkartenbetrug: Jeder kann Opfer werden
Wo landen die gar nicht bestellten oder nicht zugestellten Wahlkarten? Das ist die zentrale Frage, die in Zusammenhang mit Wahlbetrug gestellt werden muss. Die Wahlkarte kann nämlich völlig formlos per Mail beantragt und muss nicht an die Wohnsitzadresse bestellt werden. Dazu genügt die Reisepassnummer oder die Kopie eines Lichtbildausweises – Daten, die in Zeiten wie diesen durchaus zu bekommen sind. Jeder kann also Opfer eines Wahlkartenbetrugs werden, indem für ihn eine Wahlkarte an eine andere Adresse bestellt wird. Oder sogar an die richtige, wenn es sich um pflegebedürftige Menschen handelt, die dement sind oder gar im Koma liegen…