Vor knapp einem Jahr, am 20. Juni 2015, raste Alen R. mit seinem Geländewagen in die Fußgängerzone der Grazer Innenstadt. Drei Menschen wurden getötet, 36 weitere teils schwer verletzt. Zeugen wollen den Täter „Allahu Akbar“ rufen haben hören. Ein Gerichtspsychiater attestiert ihm nun eine Geisteskrankheit.
Islamistischer Hintergrund soll ignoriert werden
Augenzeugen berichteten, dass der 27-jährige Mann gezielt auf Passanten losgefahren wäre. Seinen Geländewagen hatte er dabei auf 100 Stundenkilometer beschleunigt. Obwohl die Amokfahrt anderen Anschlägen mit islamistischem Hintergrund gleicht und er seine Ehefrau mit Gewalt gezwungen hatte, ein Kopftuch zu tragen, bemühten sich die Sicherheitsbehörden, einen islamistischen Hintergrund der Tat auszuschließen. Vielmehr unterzog man den Mann einer psychiatrischen Untersuchung.
Trotz widersprüchlicher Gutachten: "Nicht schuldfähig"
Während ein Psychiater zum Schluss kam, Alen R. sei bei seinem Verbrechen zurechnungsfähig gewesen, attestierte ihm ein anderer, an paranoider Schizophrenie zu leiden. In der Folge bestellte das Gericht einen Obersachverständigen, der den Täter erneut untersuchen sollte. Nach Meinung des vom Gericht bestellten deutschen Psychiaters Jürgen Müller leidet Herr R. nun an einer nicht näher definierten „schweren Geisteskrankheit“. Damit dürfte R. erreicht haben, was er offensichtlich wollte: Das Gericht hat ihn für „nicht schuldfähig“ erkannt.
Alen R. übersiedelt vom Gefängnis in die Psychiatrie
Letzten Mittwoch fand im Grazer Landesgericht eine Haftverhandlung statt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde die Untersuchungshaft über Alen R. aufgehoben. Man hätte aus objektiven Gründen keine andere Möglichkeit gehabt, begründet Staatsanwalt Christian Kroschl den Antrag. Die Untersuchungshaft wurde in eine „vorläufige Anhaltung“ umgewandelt. Zur Behandlung soll R. in eine geschlossene psychiatrische Anstalt überstellt werden.
Maßnahmenvollzug – mit unabsehbarem Haftende
Das Gerichtsverfahren gegen Alen R. könnte damit bald eröffnet werden. Mit seinem Attest in der Tasche kann er diesem nunmehr beruhigt entgegensehen. Wahrscheinlich wird die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher – etwa im niederösterreichischen Göllersorf – verfügt, wo er medizinisch behandelt wird und generell ein angenehmeres Alltagsklima genießt als in einer Strafanstalt. Einen Nachteil hat er sich allerdings damit eingehandelt: Egal, ob er seine zu erwartende, langjährige Haftsstrafe in der Psychiatrie verbracht hat – ein Hafftende gibt es erst, wenn eine Kommission aus Richtern und Psychiatern dem einstimmig zustimmt. Und das ist selten der Fall.