Am Dienstag gab es in der großen Kammer des Schweizer Parlaments, des Nationalrats, eine Abstimmung auf Initiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP), in der sich eine Mehrheit von 88 Abgeordneten für ein landesweites Burka-Verbot ausgesprochen hat. 87 Abgeordnete stimmten dagegen und zehn enthielten sich der Stimme.
Nun muss sich mit dieser Entscheidung die kleine Kammer des Parlaments, der Ständerat (Vertreter der 26 Schweizer Kantone), mit dem vom Nationalrat beschlossenen Burka-Verbot befassen.
Ständerat wahrscheinlich gegen die Nationalrats-Entscheidung
Allerdings gab es zu diesem Thema bereits Anfang 2016 eine Abstimmung in der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, und in dieser sprach sich die Mehrheit von zehn Stimmen eindeutig gegen ein Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum aus. In einer Aussendung von damals wurde der Presse mitgeteilt: „Was die religiös motivierte Verhüllung betrifft, so stellt die Kommission fest, dass sie in der Schweiz äußerst selten anzutreffen ist und somit kein reelles Problem darstellt, das nach einer gesetzgeberischen Lösung ruft.“
Deswegen gilt es als wenig wahrscheinlich, dass der Ständerat die nunmehrig getroffene Entscheidung des Nationalrats mitträgt und sich ebenfalls für ein Burka-Verbot ausspricht.
Im Tessin kostet Vermummung bis zu 9.200 Euro
Derzeit sind in der Schweiz die Kantone sowohl für die Sicherheit als auch für die Regelungen zwischen Staat und Religionen zuständig. Deswegen konnte auch eine Volksabstimmung im Kanton Tessin ein Vollverschleierungsverbot erwirken. Seit dem 1. Juli 2016 müssen daher Frauen, die sich in der Öffentlichkeit im Tessin mit Burka oder Niqab vermummen, mit Strafen bis zu 10.000 Franken (ca. 9.200 Euro) rechnen.
Direkte Demokratie dürfte Verhüllungsverbot erwirken
Doch selbst bei einer Entscheidung des Ständerates, sich gegen ein landesweites Verschleierungsverbot zu entscheiden, könnte er durchaus zu einem solchen Verbot kommen, was mit der direkten Demokratie in der Schweiz zusammenhängt.
60 Prozent der Bevölkerung für Burka-Verbot
Denn die Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“ muss bis zum 15. September 2017 hunderttausend Unterschriften sammeln. Dann ist ein Volksentscheid zwingend vorgeschrieben, und die Schweizer Wahlberechtigten können sich, trotz eventuell gegenteiliger Entscheidung des Ständestaats, für ein landesweites Verhüllungsverbot entscheiden. Die Volksinitiative meint: „Im Sinne notwendiger Prävention vor Terroranschlägen ist das Verhüllungsverbot im öffentlichen Raum mehr als bloß zeitgemäß.“
Nach derzeitigen Umfragen würden sich etwa 60 Prozent der Schweizer Bürger für ein Verhüllungsverbot aussprechen.