Wien ist 2015 zum wiederholten Mal unter 230 Großstädten zur Stadt mit der höchsten Lebensqualität weltweit gewählt worden. Die Stadt wurde aus der Sicht von Mitarbeitern, die vom Ausland nach Wien geschickt wurden, nach 39 Kriterien beurteilt, darunter Verfügbarkeit von erstklassigen Mietobjekten, Auswahl an kulturellen Veranstaltungen und Gastronomie, Angebot an internationalen Schulen und nach allgemeinen politischen, sozialen, wirtschaftlichen und umweltorientierten Aspekte.
Diese Menschen müssen wohl ein anderes Wien als die ansässigen Wienerinnen und Wiener erleben, welche binnen weniger Tage in den – ganz anders klingenden – Schlagzeilen diverser Medien nachlesen können, wie lebenswert ihre Stadt geworden ist. Da wären:
Kopfschuss vor Billa, Krieg unter Brüdern: In Liesing kam es unter zwei Serben in einer Wohnung zu einem Streit, der sich auf die Straße verlagerte. Die Männer benutzten unterschiedliche Straßenseiten und beschimpften sich gegenseitig über die Fahrbahn hinweg. Auf Höhe einer Billa-Filiale zog einer der Männer eine Faustfeuerwaffe und schoss dreimal über die Straße, ein Projektil traf den Widersacher in den Kopf. Dieser ist bereits ansprechbar und teilte mit, dass es beim Streit um einen USB-Stick im Wert von 10 Euro ging. Er selbst (das Opfer) hatte eine Glock 17 bei sich, welche er auf dem Flohmarkt gekauft hätte. Nach Angabe der Polizei stammt die Waffe aus einem Einbruchsdiebstahl in Wiener Neustadt. Der Täter ist auch kein Unbekannter. Er saß wegen Raubs in der Justizanstalt Stein, kam wegen Suizidgefahr in die Nervenheilanstalt Mauer in Niederösterreich und brach von der dortigen forensischen Abteilung im Jänner aus. Bei seiner Festnahme hatte er neben drei gefälschten Ausweisen Drogen und 22.000 Euro in bar bei sich, welche nach eigenen Angaben gestohlen waren. Er wehrte sich heftig gegen seine Festnahme, schmiss eine Tasche mit Mobiltelefonen und Wertkarten weg, verletzte einen Polizisten und gab erst angesichts eines gezückten Tasers auf. Er erklärte, er wollte sich demnächst aus Österreich absetzen. Zur Tat schweigt er.
Schießerei in Floridsdorf: Die Polizei ertappte zwei Einbrecher im Floridsdorfer Einkaufszentrum „Center 21“. Einer der beiden Männer ergab sich sofort, der zweite flüchtete zu Fuß, zog eine Waffe und eröffnete das Feuer auf die Polizisten. Er soll 10- bis 15-mal auf die Beamten geschossen haben. Die Polizisten erwiderten das Feuer und trafen ihn. Schwer verletzt versuchte er eine Handgranate zu zünden. Diese konnte ihm von einem Beamten entrissen werden, ein anderer leistete Erste Hilfe. Er überlebte dank mehrerer Notoperationen. Der in mehreren Medien als österreichischer Staatsbürger bezeichnete libanesische Täter Amyn Radwan Gindia stellte sich als verurteilter Doppelmörder heraus, der im vergangenen November nach 24 Jahren „nach Abschluss aller Therapien als psychisch gesund“ entlassen wurde. Die an die Haft anschließende Probezeit mit Bewährungsauflagen umging er, indem er seinen Wohnsitz in Ägypten anmeldete und ausreiste. Wie er im Februar unbemerkt wieder nach Österreich einreisen konnte, ist ungeklärt. Der Täter schweigt.
Golddieb nach zahlreichen Coups in Wien gefasst: Ein arbeitsloser Rumäne ohne festen Wohnsitz soll quer durch Österreich mit Einbrüchen hohen Schaden angerichtet haben. Seine Beutezüge gehen bis zu fünf Jahre zurück. Allein bei einem Juwelier in Salzburg erbeutete er Gold um mehrere 100.000 Euro.
300.000 Euro Schaden; Einbruch, Raub und Drogen: 22 Kriminelle gefasst: Albanische und kosovarische Tätergruppen machten sich im vergangenen November auf nach Wien, um hier die Dämmerungszeit für Einbrüche zu nutzen. Sie gingen in Gruppen von mindestens zwei bis zu vier Tätern täglich einbrechen und hatten unterschiedliche Spezialgebiete. Eine Gruppe brach in Wien und Umgebung „in alles, vom Blumengeschäft bis zum Automechaniker“ ein, zwei andere Gruppen waren auf Häuser und Wohnungen in Wien-West, Floridsdorf und Donaustadt spezialisiert. Eine Gruppe beging regelmäßig Trafik-Einbrüche und knackte Zigarettenautomaten, eine andere wiederum brach in Wettbüros ein. Einer der Festgenommenen, ein Serbe, versorgte die Verdächtigen mit Heroin. Die Täter waren nach Angaben der Polizei äußerst rücksichtslos und auch bereit, in Häuser und Wohnungen einzubrechen, wenn die Opfer zu Hause waren.
Betrüger lockte Frau mehrere 100.000 Euro heraus: Ein 37-jähriger Liberianer nützte die Hilfsbereitschaft einer Pensionistin aus. Er hat der Frau innerhalb der letzten sechs Jahre mehrere 100.000 Euro herausgelockt, indem er vorgab, Geld für Einkäufe und lebensnotwendige Operationen zu benötigen.
Mann drohte mit Bombe: Bedingte Einweisung: Ein 34-jähriger Tschetschene, der im vergangenen November in der Millenium City eine Bombendrohung aussprach, wurde in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen; allerdings nur bedingt, sodass er bereits auf freiem Fuß ist, mit der Auflage sich weiter einer medikamentösen Therapie zu unterziehen. Aufgrund der Drohung wurde die Millenium City gesperrt, 900 Menschen wurden evakuiert und der Tschetschene, der sich mit seiner kleinen Tochter verschanzt hatte, überwältigt. Er hatte keine Bombe bei sich und nach der Festnahme sei rasch klar geworden, dass er an einer paranoiden Schizophrenie leidet. Er selbst meinte, er habe in letzter Zeit viele Bücher über Religion gelesen und er habe sich eingebildet, er sei ein Prophet.
Bürgermeister Michael Häupl und Vizebürgermeisterin Renate Brauner (beide SPÖ) kündigten bereits an, dass sie sich durch die neuerliche Kür Wiens zur lebenswertesten Stadt bestätigt fühlen und „den erfolgreichen Wiener Weg hin zu einer pulsierenden, lebenswerten und sozial gerechten Metropole auch künftig fortsetzen würden.“ Wollen wir das?