Kritischer Journalismus ist dezidiert nicht erwünscht. Zumindest nicht bei der Gratiszeitung Heute, deren Herausgeberin Eva Dichand, dem damaligen Chefredakteur Wolfgang Ainetter klare Anweisungen zur Berichterstattung auferlegte. In einem Beitrag der deutschen Bild, spricht der 44-jährige Journalist über seine Zeit bei den Medien Heute und News in Wien. Obwohl er das System der beiden Altparteiern SPÖ und ÖVP anprangert, entscheid er sich zu einer Weiterarbeit bei der ebenfalls systemtreuen Zeitung in Deutschland.
Ainetter ging, System blieb
Als Ainetter etwa vor rund fünf Jahren Chefredakteur bei der Gratiszeitung Heute wurde, soll er etwa bald einen hohen Besuch eines bekannten SPÖ-Politikers erhalten haben: „Darf ich etwas Gutes für Sie tun? Brauchen Sie eine Wohnung?“. Der damals noch relativ verblüffte Redakteur lehnte dankend ab, machte sich danach jedoch mit mehr oder weniger großem Enthusiasmus an vermeintliche „Aufdeckerstorys“. Darin veröffentlichte er, was etwa die Freiheitliche Partei seit Jahren scharf kritisiert: Gefälschte Leserbriefe der SPÖ, die an alle Redaktionen des Landes geschickt werden, um der dahinschwindenden Partei noch einige Sympathisanten einzubringen.
„Ich verbiete Ihnen kritischen Journalismus“, soll allerdings die explizite Reaktion der Herausgeberin Eva Dichand gewesen sein. Nach einem Wechsel zu News und etlichen Berichten zur Parteienfinanzierung, zog die ÖVP dort schriftlich ihre gesamten Inserate in Millionenhöhe ab. Ein schwarzer Spitzenpolitiker habe im Zuge dessen in einem Szenelokal etwa versprochen, dass der Chefredakteur und der Autor in spätestens drei Monaten Geschichte seien.
Und so kam es dann auch tatsächlich: Ainetter kehrte wieder in die Redaktion der Bild und der Sturm in den österreichischen Redaktionen legte sich. Das rot-schwarz gefärbte System kann wieder unbeirrt seinen Lauf nehmen.