Der Medienbegriff heimischer Journalisten ist bekanntlich etwas eingeschränkt. Manche würden den Begriff Journalismus wohl gerne exklusiv für staatlich alimentierte Publikationen reklamieren. Diese Selbstgefälligkeit erlaubt es den Schreibern von Standard, Presse und Co., ihre Kollegen außerhalb des geförderten Mainstreams verächtlich zu machen, zu beleidigen und als “Journalisten” unter Anführungszeichen zu diskreditieren.
Parlament schützt Medienvertreter vor ihren Kollegen aus dem BMI
Seit Beginn des BVT-Untersuchungsausschusses werden auf diese Weise insbesondere die Presse- und Kommunikationsmitarbeiter des Innenministeriums (BMI) verfolgt. Sogar die live im Fernsehen übertragene Sondersitzung des Nationalrats zur BVT-Affäre musste gestern durch die Parlamentsdirektion vor einer Fotografin aus dem BMI “geschützt” werden.
Selbst in der dringlichen Anfrage an den Innenminister machte die SPÖ die Anwesenheit einer Mitarbeiterin beim U-Ausschuss zum Thema. Diese muss sich schon seit Tagen von Medien ausrichten lassen, sie habe sich bloß als Journalistin ausgegeben, sich in den Medienraum des U-Ausschusses “eingeschlichen”, in dem “Medienvertreter - in eigentlich vertraulicher Atmosphäre – die Sitzungen verfolgen”.
Auch das Innenministerium ist Medienbetreiber
Innenminister Herbert Kickl hielt fest, dass auch das Innenministerium selbstverständlich Medien betreibe. Neben täglichen aktuellen Berichten auf der Internetseite finden sich auch Videos auf den Social-Media-Profilen. Der Innenminister führte weiters aus, dass die Mitarbeiterin “über einen von einer autorisierten Stelle ausgestellten Presseausweis verfügt”. Sie habe sich “bei Betreten des Lokals des U-Ausschusses ordnungsgemäß legitimiert” und sei “durch die Mitarbeiter der Parlamentsdirektion kontrolliert” worden.
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Parlament untersagt BMI-Fotografin Zutritt mit Kamera
Dessen ungeachtet sprang die Parlamentsdirektion am Freitag den offenbar um ihre “vertrauliche Atmosphäre” im Hohen Haus der gewählten Volksvertretung fürchtenden Journalisten bei. Eine weitere BMI-Mitarbeiterin wurde nämlich diesmal bei der Kontrolle am Zutritt gehindert. Laut Reaktion des Innenministeriums wollte sie nur “wie bei Parlamentssitzungen üblich, Fotos von der Rede des Ministers machen”, denn, so die Pressestelle des BMI:
Die Dokumentation und mediale Darstellung der Arbeit des Ministers zählt zur Arbeit der Kommunikationsabteilung im BMI, an der unsere Mitarbeiterin heute jedoch aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der Parlamentsdirektion gehindert wurde.
Parlament sorgt sich um “vertrauliche Rückzugsorte” während live übertragener Sitzung
Die Gründe sind nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern klingen gerade so, als wären sie an diesem Freitag erst eigens konstruiert worden. In einer Meldung der Austria Presse Agentur (verbreitet unter anderem durch Die Presse) heißt es dazu:
Es sei wichtig, dass Medienräume, die vertrauliche Rückzugsorte zum Zwecke der journalistischen Berichterstattung sein sollen, auch “bestimmungsgemäß” genutzt werden, betonte die Parlamentsdirektion.
Diesen Unfug wollte man der BMI-Fotografin aber offenbar nicht ins Gesicht sagen und zog sich daher auf formale Gründe zurück.
Vonseiten der Parlamentsdirektion hieß es, dass die Innenministeriums-Bedienstete einen sogenannten Dienstauftragsschein habe, um als offizielle Vertreterin eines Ressorts ins Parlament gelassen zu werden. Um Bild- und Tonaufzeichnungsgeräte mitzunehmen, brauche es aber eine gesonderte Genehmigung, die in diesem Fall nicht erteilt worden sei.
Was sagt Ex-Innenminister Sobotka zum Handeln seiner Mitarbeiter?
Von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka – der wohl selbst als Innenminister auch hin und wieder von BMI-Fotografen ins Parlament begleitet wurde – gibt es bis dato keine Reaktion. Er hat das Handeln seiner Mitarbeiter mit größter Wahrscheinlichkeit nicht mitbekommen, weil er sich kurz vor Beginn der Sondersitzung bereits im Plenarsaal befand.