Wien droht wegen des 66 Meter hohen Wohnturms am Heumarkt der Verlust des touristisch wichtigen Prädikats UNESCO-Weltkulturerbestätte. Denn die rot-grüne Stadtregierung in Wien hatte im Juni 2017 jenen Flächenwidmungsplan beschlossen, der am Tor zur Wiener Innenstadt eine Hochhaus-Bebauung zulässt – auf Wunsch des Investors Michael Tojner, der sich rund 430 Millionen Euro Reingewinn davon erhofft.
Der Baubeginn hätte ursprünglich 2019 erfolgen sollen, wurde dann aber immer wieder verschoben und ist aktuell für 2021 geplant.
Wiens neuer Bürgermeister als Erfüllungsgehilfe
Jetzt springt offensichtlich Wiens Bürgermeister Michael Ludwig dem Investor beiseite, damit es zu keinen weiteren Verzögerungen mehr kommt.
Am 22. Oktober gab die zuständige Magistratsabteilung 22 (MA 22/Umweltschutz) einen 17-seitigen Bescheid heraus, wonach für das Heumarkt-Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig sei – unterschrieben von Bürgermeister Michael Ludwig.
Gefälligkeitsbescheid von weisungsgebundenen Beamten?
Kritiker sehen im Bescheid ein Gefälligkeitsgutachten von weisungsgebundenen Beamten, konkret der Dienststellenleiterin der MA 22, Karin Büchl-Krammerstätter. Denn das im Bescheid beschriebene Städtebauprojekt “WEV, Heumarkt usw.” müsste, so die Kritiker des Projektes, laut gültiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sehr wohl einem UVP-Verfahren unterzogen werden, weil die Verkehrsorganisation und das Landschaftsbild durch das Hochhaus und die Wassersituation durch den Bau der Tiefgarage und der Gründung nahe zum Wienfluss selbstverständlich beeinflusst werden.
UVP als Mittel, negative Umweltauswirkungen zu verhindern
Ziel der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist es, mögliche Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt im Vorhinein, das heißt vor seiner Verwirklichung, zu prüfen, um gegebenenfalls gegensteuern zu können. Die UVP basiert auf einer Richtlinie der Europäischen Union und ist durch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G 2000) und verschiedene Gesetze im Bereich der Bodenreform umgesetzt. Sie ist bei bestimmten Vorhabenstypen ab einer gewissen Größe verpflichtend. Die UVP dient dem Projektwerber als Planungsinstrument und zur Entscheidungsvorbereitung und kostet in der Regel etwa ein Prozent des Bauvolumens.
Siemens-Äcker: Bürger setzten UVP durch
Ende Oktober 2018 hatte der Verwaltungsgerichtshof einer Bürgerinitiative in dritter Instanz in einem ähnlichen Fall Recht gegeben. Das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) zu den Siemens-Äckern wurde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weshalb nun doch eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Großprojekt durchgeführt werden soll. Bis zuletzt hatte sich die MA 22 unter Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) dagegen gewehrt.
Aufwind für Projektgegner
Bis Anfang Dezember wollen die Heumarkt-Projektgegner Einspruch gegen den Bescheid erheben. Das werden auch viele grüne Parteimitglieder begrüßen. Seinerzeit hatte sich nämlich die Mehrheit der Wiener Grünen bei der parteiinternen Befragung gegen das Projekt ausgesprochen – ihre Parteiobfrau Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou ignorierte den Mitgliederauftrag und gab grünes Licht für das Hochhaus-Projekt.