Dass liebgewonnene Sicherheiten für bisherige Sieger der Geschichte oft nicht mehr gelten, wurde dieser Tage überdeutlich.
Da wurde zum Einen der australische Kardinal George Pell wegen sexuellen Missbrauch in seiner Heimat verurteilt. Vollends für die nachkonziliare Amtskirche zum Desaster wurde die Angelegenheit, da es sich bei Pell nicht um irgendeinen Kardinal handelt, sondern als bis vor Kurzem amtierenden Finanzchef des Vatikans um dessen bisher dritthöchsten Vertreter.
Niederlage für Großbritannien mit unabsehbaren Folgen
Haben selbst politisch “korrekte” Medien in unseren Breiten umgehend über die Verurteilung Pells berichtet, so übten sie in Hinblick auf ein wohl noch schwerwiegenderes Urteil eine vergleichsweise Zurückhaltung. Tatsächlich urteilte der Internationale Gerichtshof (IGH), dass die britische Herrschaft über das Chagos-Archipel im Indischen Ozean gegen internationales Recht verstößt. Die Abtrennung dieses Territoriums von der inzwischen unabhängigen Republik Mauritius ist demnach illegal und sollte durch eine Beendigung der britischen Besatzung beendet werden. Was diese juristische Niederlage für das Vereinigte Königreich verschlimmert, ist der Umstand, dass der Urteilsspruch mit 13 Stimmen gegen eine erfolgte. Selbst bisherige Bundesgenossen wie Kanada gingen auf Distanz zur britischen Anschauung.
Britische Position global geschwächt
Es ist davon auszugehen, dass die britische Position mit dem überklaren Urteil des Internationalen Gerichtshofes ganz generell geschwächt ist. Die Aufrechterhaltung britischer Besatzung in Territorien wie den Malwinen/Falklandinseln oder die britische Präsenz in Gibraltar wird sicher schwieriger. Zugleich dürfte es London immer schwerer fallen, Schottland, Nordirland und Wales davon abzuhalten, sich irgendwann von der britischen Herrschaft zu verabschieden.
Dazu befinden sich traditionelle Kolonialmächte wie Großbritannien, Frankreich und Niederlande wegen umstrittener Außenbesitzungen dauernd auf der Anklagebank in der internationalen Gemeinschaft.
Erschütterndes Schicksal der Einheimischen
In Europa weitgehend unbekannt ist das tragische Schicksal, das der ursprünglichen Bevölkerung der Chagos-Inseln noch in den 60er und frühen 70er-Jahren durch Großbritannien zugefügt wurde. Der englischsprachige Dienst von Aljazeera meint dazu unter der Überschrift “Wie Britannien gewaltsam ein ganzes Archipel entvölkerte und es zu vertuschen schaffte”:
Es gibt Zeiten, in denen eine Tragödie uns verdeutlicht, wie ein ganzes System hinter einer demokratischen Fassade arbeitet, und uns hilft zu verstehen, wie die Welt zum Vorteil der Mächtigen gelenkt wird und wie Regierungen ihre Handlungen oft mit Lügen rechtfertigen. (Eigene Übersetzung).