Das Finanzamt darf von deutschen Renten, die ohnehin in Deutschland versteuert werden müssen, eine Steuer verlangen, wenn ein Mehrfachrentner mit seiner österreichischen Pension plus seiner deutschen Rente in eine höhere Steuerklasse aufrückt.

2. März 2023 / 16:30 Uhr

Finanzamt darf bei Mehrfachrentnern ein Körberlgeld kassieren

Eine Pensionistin staunte nicht schlecht, als sie nach Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung prompt eine steuerliche Nachzahlung erhalten hatte. Die Frau wandte sich an die freiheitliche Seniorensprecherin Rosa Ecker, die den Fall genauer unter die Lupe nahm. Und tatsächlich, das Finanzamt darf rein rechtlich ein “Körberlgeld” kassieren, wenngleich dieser Umstand sehr bedenklich ist.

In zwei Staaten erwerbstätig

Die Pensionisten war in ihrer aktiven Erwerbszeit nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland beschäftigt. Sie bezieht daher einerseits eine österreichische Pension in der Höhe von rund 1.400 Euro. Aus Deutschland bezieht sie eine Rente von knapp 450 Euro.

Deutschland verlangt Steuern für Renten im Ausland

In Deutschland gibt es das sogenannte Amtsveranlagungsverfahren auch für Rentner, die von Deutschland eine Leistung beziehen, aber in einem anderen Staat wohnhaft sind. Das Finanzamt Neubrandenburg ist in Deutschland das einzige Finanzamt, das für grenzüberschreitende Sachverhalte spezialisiert und auch zuständig ist.

Grundsätzlich sind Empfänger einer Rente mit Wohnsitz im Ausland verpflichtet, in Deutschland eine Steuererklärung einzureichen. Das Finanzamt Neubrandenburg verzichtet bei Rentenempfängern im Ausland jedoch in der Regel auf die Vorlage einer Steuererklärung. In diesem Fall wird das Finanzamt die Einkommensteuer anhand der vorliegenden Informationen des Rententrägers eigenständig festsetzen.

Das heißt, dass Personen, die eine deutsche Rente erhalten, aber in einem anderen Staat wohnen, nicht monatlich Steuern zahlen, sondern erst nachträglich. In Österreich ist man bei Pensionen anderes gewohnt. Der Umstand ändert allerdings nichts daran, dass die deutschen Finanzämter von einer Rente Steuern kassieren.

Arbeitnehmerveranlagung muss gemacht werden

In Österreich wird grundsätzlich auch von einem Mehrfachrentner eine Steuer abgezogen. Allerdings monatlich und nur von der österreichischen Pension. Jedoch müssen Mehrfachrentner die Arbeitnehmerveranlagung machen (hier ein Formular für L1) und außerdem ein weiteres Formular (L1i) ausfüllen. Somit weiß das Finanzamt nachträglich vom tatsächlichen Einkommen Bescheid.

Und das ist für den Steuersatz relevant:

Ein Jahreseinkommen unter 11.693 € ist steuerfrei. Das Einkommen von 11.693 bis 19.134 € wird mit 20 Prozent versteuert. Von 19.134 bis 32.075 € sind es 30 Prozent. Zwischen 32.075 bis 62.080 € sind es 41 Prozent und von 62.080 bis 93.120 € 48 Prozent Steuern. Bis 1.000.000 € sind es 50 und darüber 55 Prozent. Ab 2023 werden die Grenzwerte der Lohnsteuertabelle an die Inflation angepasst. Zudem sinkt der Steuersatz der dritten Tarifstufe ab Juli 2023 auf 40 Prozent, was einen Mischwert von 41 Prozent für das gesamte Jahr ergibt.

In höhere Steuerklasse gekommen

Was bedeutet das nun für die betroffene Pensionistin, die sich an Ecker gewandt hat? Mit ihrer österreichischen Pension war sie in jener Steuerklasse, für die sie 20 Prozent Steuer zahlen musste. Mit ihrer Rente aus Deutschland rückte sie aber in die nächste Steuerklasse auf, womit ihr Einkommen ab 19.134 Euro mit 30 Prozent besteuert wird.

Neidisch auf Sonderzahlungen der „Ösis“

Denn jährlich stehen der Pensionistin rund 19.600 Euro (14 Zahlungen) zu. Ein kleiner Teil davon wurde schon zu 30 Prozent besteuert. Von Deutschland stehen ihr rund 5.400 Euro zu. Das sind zwölf Zahlungen. Falls jetzt der eine oder andere fragen sollte, warum nicht 14 Mal bezahlt wird: Deutschen Rentnern steht weder Urlaubs-, noch Weihnachtsgeld zu. Deswegen sind die Deutschen auch auf die „Ösis“ neidisch, wie es in einem Artikel heißt.

Rund 25.000 Euro stehen besagter Mehrfachrentnerin insgesamt im Jahr zu. Knapp 6.000 Euro werden mit 30 Prozent besteuert, obwohl es sich dabei um Rentenzahlungen handelt, die auch Deutschland besteuert. Dabei ist übrigens egal, wie hoch die Rente ist. Würden ihr von Deutschland nur so um die drei bis vier Euro zustehen, würde das Finanzamt Neubrandenburg aus verwaltungsökonomischen Gründen auf die Steueraufforderung verzichten, da Brief und Porto teurer seien.

Wie viel Steuer verlangt nun Deutschland?

In Deutschland ist ein kleiner Teil des Einkommens steuerfrei. Heuer sind das noch 17 Prozent, 2024 sind es 16 Prozent. Ab 2040 ist kein Teil des Einkommens von der Steuer befreit. Der Eingangssteuersatz liegt bei 14 Prozent. Was bedeutet das nun für unsere Mehrfachrentnerin? Rund 4.480 Euro sind einkommenssteuerpflichtig. Nächstes Jahr ist es noch mehr, bis sie im Jahr 2040 voll zur Kassa gebeten wird. Für heuer würden rund 760 Euro an Steuern fällig werden, die sie zahlen darf – natürlich erst dann, wenn das Finanzamt Neubrandenburg das Amtsveranlagungsverfahren durchgeführt hat. Aber ähnlich hohe Summen waren auch für die Jahre davor fällig.

Keine Chance auf Steuervergünstigungen

Die Frau ist jedenfalls in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Wäre sie unbeschränkt steuerpflichtig, würde sie eventuell besser aussteigen. Aber auch das wird ihr nicht vergönnt werden. Denn sie dürfte den Grundfreibetrag (hier erklärt) bei Weitem überschreiten.

Vereinbar mit dem Unionsrecht?

So sind nun einmal die Regeln im Doppelbesteuerungsabkommen, das Österreich und Deutschland haben. Fraglich ist aber, ob eine solche Regelung vor dem Europäischen Gerichtshof halten könnte. Das Unionsrecht gewährt zwar den Staaten volle Freiheit bei der Ausgestaltung ihrer Steuersysteme. Jedoch werden Bürger, die von ihrem Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch gemacht haben, benachteiligt, da ihre Einkünfte öfters besteuert werden (womit sie im Endeffekt mehr zahlen müssen) als die Einkünfte jener Bürger, die nur in einem Staat gearbeitet haben.

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