ÖVP-Innenminister Gerhard Karner hat vor dem letzten Ministerrat mit seinen Wortmeldungen gegenüber den Medien seine Unkenntnis in der Asylpolitik offenbart. Mehrmals sprach er von einer „EU-Rückführungsrichtlinie“, die die EU-Kommission ausarbeiten solle und worüber Karner mit seinem tschechischen Amtskollegen in Prag sprechen werde. Medien wie der Standard übernahmen dies, ohne es zu hinterfragen. Es wurde bei den Zuhörern mit Worten wie „eine Art Rückführungsrichtlinie, wie ich sie nenne“, der Eindruck erweckt, als würde es ein derartiges Gesetz nicht geben.
Schon 2008 beschlossen
Zumindest Karners Beraterstab im Ministerium hätte wissen müssen, dass eine solche Richtlinie bereits im Dezember 2008 beschlossen worden ist und bis 24. Dezember 2010 in allen Mitgliedsstaaten umzusetzen war. Konkret geht es um die „RICHTLINIE 2008/115/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger“ – kurz „EU-Rückführungsrichtlinie“.
Wenn überhaupt, hätte Karner eine Überarbeitung dieser Richtlinie oder einen kompletten Neuentwurf fordern können. Ersteres war ja auch der Tenor seiner „Rückführungskonferenz“, die Karner erst vor wenigen Tagen abgehalten hat, er hätte sich dieses kleine Detail nur merken müssen. In der Form wirkte der Innenminister wohl eher peinlich uninformiert. Oder war es „Message Control“?
Zumindest einige EU-Gesetze, die das Asylsystem regeln, müsste er gerade als Innenminister kennen: die Asylverfahrensrichtlinie 2013/22, die Aufnahmerichtlinie 2013/33, die EURODAC-Verordnung 603/2013 oder die aktuelle Dublin-Verordnung 604/2013. Lange wird sich Karner damit ohnehin nicht beschäftigen müssen, zumal er nach der nächsten Nationalratswahl als Minister seine Koffer packen wird müssen.