Es könnte der eine Skandal zu viel gewesen sein, den sich Boris Johnson in der langen Reihe von Fehltritten geleistet hat. Denn immer mehr seiner eigenen Minister und Spitzenbeamten wenden sich von ihm ab. Johnson selbst nimmt den Massen-Exodus indes unbeeindruckt zur Kenntnis und denkt nicht daran, seinen Hut zu nehmen. Ob er ein neuerliches Misstrauensvotum in seiner Partei überleben wird, scheint unwahrscheinlich.
Boris allein zu Haus
Es war ein trauriger Rekord an Rücktritten, der sich am gestrigen Mittwoch in London ereignet hat. Gleich 14 Minister aus Johnsons Kabinett reichten innerhalb von nur 24 Stunden ihren Rücktritt ein. Insgesamt 40 hochrangige Politiker sollen Johnson an diesem einen Tag den Rücken gekehrt haben. Das gab es in der britischen Geschichte noch nie. Und der Rücktrittsreigen setzte sich auch am heutigen Donnerstagmorgen mit Nordirland Minister Brandon Lewis noch fort.
Johnson denkt nicht an Rücktritt
Ungeachtet dessen, dass ihn eine hochrangige Delegation Kabinettsminister, darunter die Innenministerin Priti Patel und der Verkehrsminister Grant Shapps, persönlich zum Rücktritt aufforderten, scheint Johnson entschlossen, sein Amt weiter zu führen. Er beruft sich darauf, dass ihn erst vor zwei Jahren Millionen Briten gewählt hätten. Und er wolle nicht über seine Person sprechen, sondern über sein Programm. Am heutigen Donnerstag will er gemeinsam mit seinem neuen Finanzminister Nadhim Zahavi einen Plan für die Wirtschaft vorstellen.
Johnson belog Öffentlichkeit
Auslöser für die Revolte in den Reihen der Konservativen war, dass Johnson den Abgeordneten Chris Pincher in ein wichtiges Fraktionsamt befördert hatte. Und das, obwohl ihm Vorwürfe bekannt waren, dass Pincher zwei junge Männer sexuell belästigt hatte. Was die Sache noch schlimmer machte war, dass Johnson zuvor noch dementierte, dass ihm der Vorfall bekannt gewesen wäre, was sich im Nachhinein als Lüge herausgestellt hat.