„Das ist keine Kleinigkeit“, sagt Europarechts-Experte Univ.-Prof. Michael Geistlinger zum „Ja“ der Bundesregierung betreffend neuer Schuldenaufnahmen der EU. Damit sei ein Bann gebrochen worden. Darlehen aufzunehmen könnte jetzt zum Dauerinstrument werden. Dazu bräuchte es auch eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung, wofür es eine Volksabstimmung geben müsse.
Mit Beitritts-BVG nicht gedeckt
Geistlinger hat zum umstrittenen EU-Eigenmittelbeschluss ein Gutachten verfasst, wie er heute, Dienstag, in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl bekannt gab. Bisher, so der Europarechts-Experte, wäre es der EU-Kommission verboten gewesen, Schulden aufzunehmen. Er stellte auch klar, dass der EU-Eigentmittelbeschluss mit der Beitritts-BVG, der Bundesverfassung über den Beitritt Österreichs zur EU, nicht gedeckt sei.
Umverteilung in der EU
Damit bekräftigt Geistlinger die Kritik der freiheitlichen EU-Abgeordneten Petra Steger. Wie berichtet, bezeichnete Steger die Zwölf-Millarden-Haftung, die Österreich übernahm, um den 750 Milliarden starken Wiederaufbaufonds (Next Generation EU) nach der Corona-Krise zu finanzieren, als „Verrat an den österreichischen Steuerzahlern“. Es würde eine Umverteilung stattfinden. Länder, wie Spanien oder Italien, wo es mehr als ungewiss sei, ob sie das Geld jemals zurückzahlen werden können, würden davon profitieren. Österreich und Deutschland als Nettozahler draufzahlen.
Rückzahlung bis 2058
Aus diesem EU-Wiederaufbaufonds soll Österreich 3,7 Milliarden Euro bekommen. Laut Berechnung des deutschen Bundesrechnungshofes müssen bis zum Jahr 2058, das ist ein längerer Zeitraum, als Österreich überhaupt bei der Staatengemeinschaft ist (seit 1995), 9,6 Milliarden Euro zurückgezahlt werden, das Finanzministerium aber rechnet sogar mit zwölf Milliarden, die Österreich über die Beitragszahlung an Brüssel zusätzlich überweisen wird müssen.
Kickl: “Entrechtung des Nationalstaats”
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sprach bei der Pressekonferenz daher von einer „Entrechtung des Bürgers“ und einer „Entrechtung des Nationalstaats“ und erinnerte Bundespräsident Alexander Van der Bellen an die „Schönheit der Verfassung“, über die er so gerne spreche, aber nichts tue, wenn diese von der schwarz-grünen Regierung gebrochen werde.