Unter den Richtern des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) muss es viele Fans des Fußballklubs Rapid geben. Anders ist ein skurriles Urteil über einen Mann, der im Allianz-Stadion auf einem Transparent alle Polizisten als Bastarde bezeichnete, nicht zu erklären.
Kein Tatbestand der Anstandsverletzung
Für den VfGH ist diese Tat nämlich lediglich “Meinungsfreiheit”, wie der Kurier berichtet:
Das Schwenken der Fahne stelle keine konkrete Beschimpfung von Polizisten dar, das Hochhalten “von derartigen Transparenten bei einem Fußballspiel durch Fans” sei “jedenfalls in einer Gesamtsicht nicht geeignet, den Tatbestand der Anstandsverletzung zu erfüllen.” In dieser Form geäußerte Kritik” sei “mit Blick auf die in einer demokratischen Gesellschaft besondere Bedeutung und Funktion der Meinungsäußerungsfreiheit bei Beachtung aller Umstände des Falles hinzunehmen”, befand der VfGH.
Verwaltungsgericht sah Geringschätzung der Polizei
Damit hat der Verfassungsgerichtshof ein Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben, der einen Rapid-Fan, der im April 2017 im Allianz-Stadion ein Transparent mit dem polizeikritischen Aufdruck “A.C.A.B.” (All Cops Are Bastards, Anm.) geschwenkt hatte, zu 150 Euro Strafe verdonnerte.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts habe der Fan eine nicht unerhebliche Geringschätzung der Polizei zur Schau gestellt und damit – nach dem Wiener Landes-Sicherheitsgesetz – eine Verletzung des öffentlichen Anstands begangen.
Können Fußballfans auch Richter als Bastarde beschimpfen?
Der frühere Innenminister und jetzige geschäftsführende Klubobmann der Freiheitlichen, Herbert Kickl, kann das VfGH-Urteil kaum fassen. Auf seiner Facebook-Seite bringt er sein Unverständnis zum Ausdruck:
Alle Polizisten als Bastarde zu beleidigen, fällt für den Verfassungsgerichtshof unter die Meinungsfreiheit. Wenn nicht Polizisten, sondern zum Beispiel Richter beschimpft worden wären, wäre das Urteil sicher genauso ausgefallen… ganz sicher! So fördert die Justiz die wachsende Respektlosigkeit mancher Gruppen gegenüber der Polizei. Es fehlen einem die Worte!
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Seit Kickl nicht mehr Innenminister ist, fehlt ein Sprachrohr für die Polizei, auf die in letzter Zeit immer häufiger verbal eingeprügelt wird.
Kickl nimmt Polizisten in Schutz
Zur Erinnerung: Beim Spiel von Austria Wien gegen Rapid im Dezember 2018 kam es zu so schweren Fanausschreitungen, dass für einige Zeit sogar die Südosttangente gesperrt werden musste.
Anders als es seine Vorgänger in der Regel praktizierten, stellte sich der damalige Innenminister voll hinter seine Polizisten. Noch mehr sogar, Kickl nahm sie in Schutz, bezeichnete den Einsatz der Beamten professionell, umsichtig und absolut verhältnismäßig. Kickls Rede dazu im Bundesrat wurde nicht nur von Polizisten umjubelt.