Karl Nehammer

ÖVP-Innenminister Karl Nehammer (links, bei einer Drohnen-Übergabe) versucht, auf Nebenschauplätzen zu punkten, nachdem sein Image nach dem Versagen im Vorfeld des Wien-Attentats ramponiert ist.

17. Mai 2021 / 13:44 Uhr

Jetzt klärt das Gericht, ob Nehammer im Vorfeld des Wien-Attentats versagt hat

Politisch hat ÖVP-Innenminister Karl Nehammer für das augenscheinliche Versagen seiner Behörden im Vorfeld des Wien-Attentats bereits büßen müssen. Es gab Misstrauensanträge, Rücktrittsaufforderungen. Nur das Klammern an der Macht der Grünen, die sich zur Abberufung des angeschlagenen Ministers nicht durchringen konnten, rettete Nehammer vor dem Polit-Aus.

Amtshaftungsklage gegen Republik

Nun aber soll das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien klären, wie viel Schuld das Ressort von Nehammer an dem Anschlag am 2. November hat, bei dem vier Menschen getötet und 23 weitere teils schwer verletzt worden waren. Der Grund: Die Mutter eines Todesopfers brachte eine Amtshaftungsklage ein.

Attentäter erschoss Kellnerin

Beim Todesopfer handelt es sich um eine 24-jährigen Kunststudentin aus Deutschland. Sie jobbte gerade als Kellnerin in einem Lokal in der Nähe des Schwedenplatzes, als der Attentäter das Feuer eröffnete. Sie wurde im Schanigarten erschossen.

Klagssumme knapp 125.000 Euro

Die Mutter des Opfers bekam eine Entschädigung nach dem Verbrechensopfergesetz – und zwar 2.000 Euro. Allein die Überstellung des Leichnams von Österreich nach Deutschland kostete aber 8.000 Euro. Im Prozess, der heute, Montag, begann, geht es um knapp 125.000 Euro Schmerzensgeld, Bestattungs- und Fahrtkosten für die Familie der getöteten Studentin.

Nachweis von Versäumnissen der Behörden

Gibt das Gericht der Klage recht, könnte eine Lawine an weiteren Forderungen anderer Opfer auf die Republik zukommen. Außerdem wäre das dann eine weitere Niederlage für Nehammer, der dann quasi vom Gericht ausgerichtet bekommt, versagt zu haben. Zuerst aber müssen die Versäumnisse der Behörden vor dem Anschlag nachgewiesen werden.

“Staat hat nicht alles gemacht, um Risiko zu vermindern”

Das dürfte relativ leicht sein, denn eine Kommission aus Experten unter der Strafrechsprofessorin Ingeborg Zerbes zeigte bereits eine Reihe von Missständen auf. So wussten die Behörden von einem versuchten Munitionskauf durch den späteren Terroristen und von einem Treffen mit Extremisten aus Deutschland. Thema der Amtshaftung könnte daher sein, so auch Zerbes gegenüber dem ORF, „dass der Staat nicht alles gemacht hat, um Risiko zu vermindern“.

Mittlerweile hat sich die Tochter eines bei dem Anschlag getöteten Gastwirtes der Klage angeschlossen. Nach dem Tod des Vaters wird sie das Lokal höchstwahrschheinlich zusperren müssen.

FPÖ entsetzt über Nehammers Taktlosigkeiten

„Das ist einfach nur ein schäbiges Verhalten, das die Regierung hier an den Tag legt. Und es ist bezeichnend für die Politik der ÖVP, in diesem Punkt den Grünen dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben”, kommentierte FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer den Prozessbeginn und den Versuch Nehammers, dem Sozialminister (Wolfgang Mückstein, Grüne) den Schwarzen Peter bei der Opfer-Entschädigung umzuhängen.

„Just an jenem Tag, an dem der Prozess einer Mutter gegen die Republik beginnt, inszeniert ÖVP-Innenminister Nehammer eine Pressekonferenz zur Polizeiarbeit gegen ‚Extremismus und Kriminalität‘. Perfider und geschmackloser kann man sich einen Politiker eigentlich nicht ausdenken“, reagierte der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz auf Nehammers Aktivitäten rund um den Prozessbeginn.

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