Bis heute weiß man nicht, wer oder was zahlreiche, vor allem relevante Regierungen im vergangenen Frühjahr veranlasste, den „Lockdown“ zu verhängen und das öffentliche Leben, Wirtschaft, Kultur und Freiheit einzuschränken.
Vorreiter ohne Entscheidungsgrundlagen
Die Regierungen schweigen sich darüber aus. In Österreich weiß man nur, dass es einen fünfköpfigen Beraterstab aus vier Mathematikern und einem Populationsgenetiker gegeben haben soll. Und, dass Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sein „rasches Handeln, viel früher als viele andere, auch europäische Länder“ rühmt.
In Italien, dem ersten Staat in Europa, der die Grundrechte einschränkte und das ganze Land unter Quarantäne stellte, weiß man inzwischen, dass es nicht die Experten waren.
Bayern: „Mein Name ist Hase“
In Bayern wollte die Mainzer Rechtsanwältin Jessica H. Akteneinsicht in die Entscheidungsgrundlagen des bayerischen Gesundheitsministeriums nehmen, um zu sehen, wie die Corona-Verordnungen zustande kamen. Wie der Bayrische Verwaltungsgerichtshof in Ansbach in diesem Verfahren jetzt feststellen musste, gibt es gar keine Akten dazu. Es gibt weder eine Gefahrenprognose noch eine einsehbare Entscheidungsgrundlage für die verordneten Beschlüsse.
Damit fällt auch die juristische Klärung schwer, ob die Corona-Maßnahmen verhältnismäßig waren. Und es bleibe auch unklar, ob der Staat erkannt hat, dass er hier Rechtsgüter abwägen muss und wenn ja, mit welchen Belangen, so die Rechtsanwältin.
Rechtsstaat funktioniert anders
Das Gesundheitsministerium verschanzt sich hinter der Ausrede, dass für Verordnungen, wie die Corona-Radikalmaßnahmen, eine Dokumentation nicht vorgeschrieben sei. Außerdem mussten die Beschlüsse damals sehr schnell gefasst werden, und die Forschung lieferte laufend neue Erkenntnisse. Man habe den Zahlen des Robert-Koch-Instituts vertraut und mit Medizinern gesprochen.
Doch in einem Rechtsstaat ist es üblich, dass Entscheidungen dokumentiert werden. Umso wichtiger, wenn sie Grundrechte einschränken. Die Demokratie unterscheidet sich von anderen Regierungsformen gerade dadurch, dass sie nicht zu willkürlichen Entscheidungen „aus dem Bauch heraus“ greift, sondern rational, für Bürger und Gerichte nachvollziehbar und transparent entscheidet. Das scheint den politischen Verantwortungsträgern europaweit nicht mehr bewusst zu sein.