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19. November 2011 / 09:30 Uhr

Das Bohmann-Medienimperium im Dunstkreis der Wiener SPÖ

BildWas waren das noch für Zeiten, als die SPÖ über ein mächtiges und auflagenstarkes Medienimperium verfügte! Die Arbeiterzeitung als mächtiges Zentralorgan, die Programmzeitschrift Zukunft, der hundert Millionen schwere Anteil des Sozialistischen Vorwärts-Verlages an der Österreichischen Nationalbank, und über allem schwebend der Medienliebling und Sonnenkönig Bruno Kreisky. In den letzten zwanzig Jahren ist vom Medienimperium der Bundespartei nichts mehr übrig geblieben. Die Arbeitzeitung wurde eingestellt, der Anteil an der Nationalbank verkauft, und die Zukunft ist Vergangenheit. Der permanente Rückzugskampf auf Bundesebene als Partei erlaubte keine eigenen Medien mehr, nach außen hin offen deklarierte Parteizeitungen fanden auch keinen Markt mehr.

Neue Strategie: Auslagerung in „private Verlage“.

SPÖ Bundesgeschäftsstelle

SPÖ Bundesgeschäftsstelle

Die Wiener SPÖ hat die Medien fest im Griff.
foto:Gryffinder / wikimedia

Während auf Bundesebene sozialdemokratische Regierungsmitglieder – an der Spitze der Bundeskanzler und sein Medienstaatssekretär – in Sachen Inseratenvergabe durch nach nachgelagerte Dienststellen und Unternehmen in den letzten Jahren „verhaltensauffällig“ geworden sind, fährt die Wiener SPÖ eine andere Strategie. Seit 1945 mit politischer Allmacht ausgestattet, hat sich rund um die Rathaussozialisten ein Medienimperium gruppiert, das in einer westlich-demokratischen Gesellschaft Seinesgleichen sucht. In der Bundeshauptstadt wird durch die SPÖ eine Drei-Firmen-Strategie gefahren: Neben dem SPÖ-hörigen Landesstudio Wien des ORF stützt man sich auf den Echo-Verlag und den „befreundeten“ Bohmann-Verlag.

Bohmann betreut eine Vielzahl von Wiener Stadtmedien

Gegründet wurde der Bohmann-Verlag in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Bereits damals ließ der Verlag eine gewisse SPÖ-Nähe erkennen, als Rudolf Bohmann senior unter anderem Bücher des SPÖ-Stadtrates Julius Tandler und des marxistischen Theoretikers Benedikt Kautsky verlegte. Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges expandierte der Bohmann-Verlag erheblich. Neben Fachmagazinen für einzelne Berufsgruppen streckte man die Fühler in Richtung öffentlicher Hand aus. So gab es ab 1981 eine Beteiligung am BTX-System der Österreichischen Post, und Zug um Zug wurde im Umfeld der Stadt Wien ein wesentlicher Teil der Servicemedien übernommen. Heute teilt sich Bohmann diesen Bereich mit dem Echo-Verlag.

117 Millionen Euro Vertragsvolumen der Stadt Wien mit Bohmann

Aktuell werden unter anderem die städtischen Magazine 24h Business, 24h für Wien, 24h Teamgeist aktuell, 24h Teamgeist, wien.at – Amtsblatt der Stadt Wien, wien.at aktuell, wien.at, Wiener Schulführer, Welt & Stadt und  Gesunde Stadt durch Bohmann verlegt. Dazu kommen Buchprojekte wie "100 Jahre für die Ewigkeit – 100 Jahre Bestattung Wien", "60 Jahre Wien 1945 – 2005" oder "Wiener Parks – Wiener Gärten". Auch im Internet ist man für die SPÖ-geführte Bundeshauptstadt aktiv, etwa  mit City & Life oder Club wien.at. Und sogar die Stadtpläne Wiens werden im Portfolio von Bohmann produziert: 24h Bezirkspläne, 24h Haltestellen-Umgebungspläne, 24h U-Bahn-Umgebungspläne. Nach einem Bericht der Tageszeitung Die Presse vom Oktober 2010 wurde mit Bohmann vor einigen Jahren ein Vertrag über ein Volumen von 117 Millionen Euro geschlossen. Daneben engagieren sich Stadt Wien und Wiener Holding auch als Inserent in Bohmann-Produkten in überaus starkem Ausmaß. Im Jänner dieses Jahres berichtete Der Standard, dass das neue Wiener Regional-TV an den Bohmann-Verlag gegangen ist. Und ein Manager des Presse- und Informationsdienstes der Stadt Wien (PID)  wurde zitiert, dass "Partnerschaften" mit dem neuen Regionalfernsehsender auf Leistungsebene vorstellbar seinen.

Bohmanns SPÖ-Nähe bringt Aufträge und Aufsichtsratsmandate 

Gabriele Ambros

Gabriele Ambros

Gabriele AMbors führt den Bohmann-Verlag.
Foto: Rat für Forschung und Technologientwicklung /
Kurt Pinter

Der langjährige Alleineigentümer Dr. Rudolf Bohmann hat sich 2004 aus der aktiven Geschäftsführung zurückgezogen, hält aber noch einen 10-Prozent-Anteil an der Bohmann-Verlagsgruppe, zu der aktuell die Unternehmen Bohmann Druck & Verlag, D+R Verlag, Norbert Jakob Schmid Verlag, V&R Verlagsgesellschaft, Verlag Holzhausen und Repro-Media Druckgesellschaft gehören. Die Geschäftsführung ging vor einigen Jahren an Gabriele Ambros und Gerhard Milletich. Ambros ist unter anderem SPÖ-Aufsichtsratsmitglied der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und der ÖBB-Personenverkehrs AG, protegiert von SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures. Das Engagement der Geschäftsführerin in den ÖBB ist kein Schaden für den Bohmann-Verlag, wird doch auch das Bahn-Magazin onrail dort herausgegeben.

Bohmann als Krone-Miteigentümer geplant

Diese Einbindung des Bohmann-Managements ins SPÖ-Netzwerk hat bei den roten Granden offensichtlich Phantasien geweckt. Laut Presse sollen im Juli 2010 im Umfeld von Bundeskanzler Werner Faymann und Staatssekretär Ostermayer intensive Pläne gewälzt worden sein, ob sich die SPÖ nicht bei einem Verkauf des derzeit von der SPD-nahen WAZ gehaltenen Anteils an der Kronen Zeitung engagieren sollte. Neben dem SPÖ-eigenen Echo-Verlag soll hier als zweite Variante auch immer wieder der Bohmann-Verlag diskutiert worden sein. Jedenfalls steht man Gewehr bei Fuß, wenn die bundesdeutschen Verleger tatsächlich verkaufen wollen. Ein strategisches Engagement, das vor allem im Hinblick auf zukünftige Wahlgänge von höchstem Interesse ist.

Sommerfrische mit Bürgermeister Häupl

Neben Geschäftsführerin Gabriele Ambros, die aktuell enge Bande zur Bundespartei als von der SPÖ entsandte Aufsichtsrätin hält, ist der 10-Prozent-Eigentümer und Altgeschäftsführer Dr. Rudolf Bohmann immer noch der Verbindungsmann zur Wiener SPÖ. Anlässlich der Verleihung des Großen Silbernen Ehrenzeichens der Stadt Wien bezeichnete ihn SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl als „persönlichen Freund“. Bohmann soll in den letzten Jahren gemeinsam mit Häupl auch immer wieder einmal auf Sommerfrische in einem im Eigentum der städtischen Wiener Forstverwaltung in Wildalpen im Hochschwabgebiet befindlichen Jagdanwesen gewesen sein. Und dies offensichtlich auf Kosten des Millionen-Euro-Auftraggebers Stadt Wien. Eine diesbezügliche Anfrage des freiheitlichen Gemeinderates Alfred Wantsch an die zuständige Umweltstadträtin Ulli Sima wurde allerdings durch diese nicht beantwortet. Somit blieben die lauschige Urlaubsidylle der beiden SPÖ-Freunde und die dabei produzierten Kosten bisher unaufgeklärt.

Bohmann als SPÖ-Aufsichtsrat in der Wiener Zeitung

Aber nicht nur Bohmanns Nachfolgerin Gabriele Ambrosch kam in den vergangenen Jahren wegen ihres Parteitreue in den Genuss von Aufsichtsratsmandaten, vergeben durch SPÖ-Bundesminister. Auch Rudolf Bohmann selbst wurde vom seinerzeitigen SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mit einem Aufsichtsmandat belohnt. Der Ex-Kanzler nominierte Bohmann und den Geschäftsführer des Echo-Verlages, Christian Pöttler, Bruder des damaligen Gusenbauer Sprechers Stefan Pöttler, in den Aufsichtsrat der Wiener Zeitung. Mit dieser Personalentscheidung und der Einsetzung des Herausgebers Samo Kobenter – heute Leiter der Sportsektion im Darabos-Ministerium – bereitete man damals die Abberufung des konservativ-liberalen Chefredakteurs Andreas Unterberger und die Einsetzung des SPÖ-nahen Reinhard Göweil vor.

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