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Die Deutsche Parteienfinanzierung begünstigt eine Zersplitterung des deutschen Parteiensystems. 2,6 Millionen Wähler sind nicht vertreten

3. September 2011 / 00:40 Uhr

Deutschland finanziert Kleinparteien – und hält sie klein

Die nächste wichtige Wahl in Deutschland ist jene zum Abgeordnetenhaus der Hauptstadt Berlin am 18. September. Neben den im Rathaus vertreten Parteien SPD, CDU, Die Linke, Grüne und FDP treten dort alleine 13 Gruppen flächendeckend an, zahlreiche weitere versuchen ihr Glück wenigstens in einigen Bezirken. Dass sich für so viele Listen trotz magerer Aussichten auf einen Einzug in die Vertretungsorgane ein Antreten bei Wahlen trotzdem lohnt, liegt am deutschen System der Parteienfinanzierung. Es begünstigt eine Zersplitterung des Parteiensystems. 2011 werden in der BRD 141,9 Millionen Euro und 2012 150,8 Millionen Euro für die Pflege dieses Systems ausgegeben. Die Mittel an eine Partei sind mit dem Höchstbetrag gedeckelt, den diese auch aus anderen Quellen wie Mitgliedsbeiträgen oder Parteispenden erhält. Damit ergibt sich eine relative Obergrenze, die insbesondere für Kleinparteien von Relevanz ist.

Auf der Grundlage des deutschen Parteiengesetzes erhält jede Partei oder Wahlliste 70 Cent für jede auf sie abgegebene gültige Stimme (Zweitstimme) beziehungsweise jede für sie in einem Wahl- oder Stimmkreis abgegebene gültige Stimme, wenn in einem Land eine Liste für diese Partei nicht zugelassen war. Für die ersten 4 Millionen Stimmen erhöht sich der Wert auf 85 Cent. Darüber hinaus erhält sie 38 Cent für jeden Euro, den sie als Zuwendung im Sinne von Mitglieds- oder Mandatsträgerbeiträge sowie rechtmäßig erlangte Spenden erhalten hat. Dabei werden jedoch aktuell Zuwendungen bis zu 3300 Euro je natürlicher Person pro Jahr berücksichtigt. Um an diesem System teilhaben zu können, muss eine Partei bei der letzten Bundestags- oder Europawahl 0,5 Prozent oder bei der jeweils letzten Landtagswahl 1,0 Prozent der gültigen Stimmen erreicht haben.

112 Parteien rittern in der BRD um Parteienförderung

Im Jahre 2011 sind insgesamt 112 Parteien beim deutschen Innenministerium registriert. Neben den etablierten Parteien, die im Deutschen Bundestag oder in einzelnen Landtagen vertreten sind, finden sich hier von der Liste “Ab jetzt” bis zur „Zukunftsliga“ alle Schattierungen des ideologischen Spektrums wieder. Bei der Bundestagswahl 2009 etwa erreichten neben den im Bundestag vertretenen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Die Linke lediglich die Piratenpartei (2 Prozent), die NPD (1,5 Prozent) und die Tierschutzpartei (0,5 Prozent) die für die Teilhabe am Parteienfinanzierungssystem notwendigen Prozentpunkte. Republikaner (0,4 Prozent), Familienpartei (0,3 Prozent) und Ökologisch-Demokratische Partei (0,3 Prozent) scheiterten an der 0,5-Prozent-Hürde, über ihre Ergebnisse in einzelnen Landtagen kommen sie jedoch ebenfalls in den Genuss von Parteförderungsgeld, ebenso wie etwa PRO NRW auf Grund des Wahlergebnisses in Nordrhein-Westfalen.

6 Prozent der deutschen Wähler nicht im Bundestag vertreten

Insgesamt vereinigten die nicht im Bundestag vertretenen Parteien bei der letzten bundesweiten Wahl 2009 nicht weniger als 6 Prozent der deutschen Wähler auf sich. Das entspricht in Stimmen rund 2,6 Millionen, die so nicht in der deutschen Volksvertretung repräsentiert sind. Zum Beispiel versandet seit jeher jede Stimme für eine Partei rechts der Union, weil gerade hier der Zersplitterungseffekt besonders stark wirkt. Mit der NPD und den Republikanern kommen die nach den im Bundestag vertretenen Listen am höchsten geförderten Parteien aus dem rechten Spektrum. Die deutsche Parteienförderung leistet hier also einen für das System sehr wertvollen Beitrag, rechts der Mitte keine starke Alternative aufkommen zu lassen, indem allen Kleingruppen ihr bescheidenes Dasein großzügig finanziert wird. Ähnlich ist die Lage in Berlin, wo die Bürgerbewegung PRO Deutschland am 18. September nicht nur mit demokratiefeindlichen Aktionen der Systemparteien, sondern auch mit der Konkurrenz durch die islamkritische Liste Die Freiheit und die extrem rechte NPD zu kämpfen hat.

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