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11. Juni 2011 / 13:02 Uhr

Rot-grün streicht Förderung für überparteilichen Verein

BildIn Wien werden finanzielle Förderungen für Kulturvereine offenbar nur noch für Organisationen vergeben, die ein gewisses Naheverhältnis zu den regierenden Parteien SPÖ und Grüne haben. Während man sich wundert, welche gigantischen Summen zu merkwürdigen Empfängern fließen, haben die rot-grünen Gemeinderäte dem überparteilichen Cajetan-Felder-Institut mit der Streichung der jährlichen Subvention die Lebensgrundlage entzogen.

Man kann sich nur wundern. Allein im Kulturausschuss vom 3. Mai bekam der Verband österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung 80.000 Euro genehmigt, das Jüdische Institut 24.000 Euro, die Thomas-Bernhard-Privatstiftung 30.000 Euro, der Verein Wiener Stadtfest fast 800.000 Euro, der Verein Wiener Kulturservice u.a. für die Durchführung des Donauinselfestes 1.810,000 Euro und eine PR-Agentur 8.000 Euro. Gigantisch auch die Subvention, die heuer z. B. an den „Verein Kulturzentrum Spittelberg“, besser bekannt unter dem Namen Amerlinghaus, ging. Die Stadt hat dorthin 250.000 Euro überwiesen, wohl wissend, dass der Vereinskassier 40.000 Euro bei Finanzspekulationen verzockt hat. Weil dort aber ein roter Gemeinderat im Vorstand sitzt, ist das alles nur halb so schlimm. Noch besser erging es dem SPÖ-nahen Verein „ICE Vienna“, der vom Rechnungshof zwar schwer kritisiert wurde, sich aber dennoch über eine Subvention von 720.000 Euro freuen darf. Geschäftsführer dieses Vereins ist der SP-Bezirksvorsteher-Stellvertreter in Wien-Döbling, Anton Mandl.

Für Häupls Freunde ist genug Geld da

Geld ist also genug da in Wien, erst recht für Freunde des Bürgermeisters Michael Häupl. So kassiert der Schauspieler Adi Hirschal für sein „Wiener Lustspielhaus“ in diesem Jahr 140.000 Euro, hat aber früher auch schon einmal 535.000 Euro bekommen. Wer ein Roter ist, kassiert in dieser Stadt. Wer überparteilich ist, bekommt nichts. Anders ist es nicht zu erklären, warum dem Cajetan-Felder-Institut die jährliche Förderung in Höhe von 30.000 Euro gestrichen wurde. Weil das Institut vom früheren FPÖ-Politiker Rainer Pawkowicz gegründet wurde? Weil der frühere FPÖ-Stadtrat Walter Prinz der heutige Präsident ist? Prinz: „Bei der Magistratsabteilung 7 hat man mir gesagt, dass die Größenordnungen dermaßen gekürzt wurden, sodass sich keine Förderung mehr ausgeht.“ Laut Prinz veranstaltet das Cajetan-Felder-Institut vor allem Podiumsdiskussionen zu Themen, die mit Wien in Zusammenhang stehen. An diesen Diskussionen würden Politiker aller Fraktionen teilnehmen, also auch von SPÖ, ÖVP und Grünen.

Schillernde Persönlichkeit ohne Eskapaden

 

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Cajetan Felder, einer der bedeutensten Bürgermeister Wiens.
Bild: Wikimedia

Wer war Cajetan Felder? Felder (1814-1894) war einer der bedeutendsten Bürgermeister in der Geschichte Wiens. Schon im Revolutionsjahr 1848 war er in den Wiener Gemeinderat eingezogen, den er aber bereits 1850 wieder verließ, weil der Neoabsolutismus die aufstrebenden Liberaldemokraten aufs engste einschränkte. 1861 wurde Cajetan Felder, bis dahin als Anwalt tätig, erneut Mitglied des Gemeinderates und auf Anhieb einer der Stellvertreter des Bürgermeisters Andreas Zelinka. Da dieser sich zwar als volkstümliches Original großer Beliebtheit erfreute, andererseits aber für sein Zaudern bekannt war, erlangte Cajetan Felder bald großen Einfluss, indem er den Bürgermeister beriet und ihm die Entscheidungen zuweilen sogar abnahm. 1868 trat Cajetan Felder nach dem überraschenden Tod Zelinkas dessen Nachfolge an und amtierte nach dreimaliger Wiederwahl bis 1878.

Cajetan Felders Wirken manifestiert sich noch heute im Stadtbild und im Alltag der Wiener Bevölkerung. Ihm ist es zu verdanken, dass das Rathaus sich heute nicht auf dem Areal des Stadtparks befindet, sondern an prominenterer Stelle, die auch die imposante Gestaltung des Rathausplatzes ermöglichte. Felder musste zuvor aber erst den Architekten des neuen Rathauses, seinen Freund Friedrich Schmidt sowie den Kaiser überzeugen und den Widerstand des Militärs überwinden, das den heutigen Rathausplatz als Exerzierplatz beibehalten wollte. Die Donauregulierung fällt ebenso in die Ära Cajetan Felders wie der Bau der ersten Hochquellwasserleitung. Die hohe Qualität des Wiener Trinkwassers geht auf die Weitsicht Cajetan Felders zurück, der die geplanten Varianten der Donau und des Wiener Neustädter Beckens verwarf und sich stattdessen für die Quellen des Rax-Schneeberg-Gebietes entschied. Auch der Zentralfriedhof ist ein Andenken an Felders Amtszeit. Der Bürgermeister setzte sich einmal mehr bei der Standortwahl durch und bescherte der Stadt damit ein günstiger gelegenes und überdies billigeres Grundstück. Ähnlich positiv stand Cajetan Felder bei der Wiener Weltausstellung 1873 im Mittelpunkt. Der polyglotte Bürgermeister begrüßte viele ausländische Staatsoberhäupter in deren Muttersprache. Gleichzeitig hatte er das finanzielle Fiasko dieses Unternehmens vorausgesehen und die Stadt herauszuhalten gewusst.

Baby-Walz Sicherheit

Cajetan Felder war auch abseits der Politik eine schillernde Persönlichkeit ohne jegliche Eskapaden, obwohl er bereits mit 12 Jahren Vollwaise gewesen war. Ungewöhnlich für seine Zeit bereiste er ganz West- und Südeuropa, den Nahen Osten und Russland bis zum Ural. Er beherrschte ein Dutzend Fremdsprachen und war für sieben davon sogar beeideter Gerichtsdolmetsch. Als Schmetterlingsforscher hatte er es zum Wirklichen Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften gebracht.

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