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10. April 2019 / 10:30 Uhr

“Digitales Vermummungsverbot” ab September 2020 geplant

Am 13. November 2018 wurde von Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler HC Strache zu einem “Gipfel zu Verantwortung im Netz und Gewaltprävention” eingeladen. Ergebnis war, dass es Rahmenbedingungen für mehr Verantwortung im Netz braucht und das Internet kein rechtsfreier Raum sein darf. Sich in der Anonymität des Internets verstecken zu können, darf in Fällen, in denen Straftaten begangen werden, nicht mehr möglich sein. Opfer müssen die Möglichkeit bekommen, die Identität der Täter bei Rechtsverletzungen zu kennen. Eine wirksame Authentifizierung zur Bestätigung der Nutzerdaten auf Online-Plattformen ist dabei unumgänglich. Darüberhinaus soll das Recht auf freie Meinungsäußerung gestärkt, und rechtliche Graubereiche bei der Kommunikation im Internet sollen möglichst klein gehalten werden.

Eckpunkte des “Bundesgesetzes über Sorgfalt und Verantwortung im Netz – digitales Vermummungsverbot”

Im heutigen Ministerrat wurde dazu eine Punktation mit folgendem Inhalt beschlossen:

  • Verpflichtung für Diensteanbieter, die Foren betreiben bzw. die Einrichtung eines Forums ermöglichen, dafür Sorge zu tragen, dass die Identität des Posters festgestellt und überprüft wird. Erst nach erfolgreichem Abschluss des Registrierungsprofils können Postings in diesem Forum veröffentlicht werden.
  • Umfasst sind Diensteanbieter, deren Dienst im Inland über mehr als 100.000 registrierte Nutzer verfügt oder deren im vorangegangenen Jahr in Österreich erzielter Umsatz 500.000 Euro übersteigt. Ebenfalls umfasst sind Medieninhaber, die im vorangegangenen oder aktuellen Kalenderjahr Fördermittel nach dem Presseförderungsgesetz von mehr als 50.000 Euro erhalten haben oder erhalten. Ausgenommen sind hingegen solche Diensteanbieter, bei denen nur für den Online-Verkauf oder -Tausch oder für die Online-Vermittlung von Waren oder Dienstleistungen, insbesondere mit Bewertungs-Möglichkeit oder Support-Funktion, ein Forum eingerichtet oder betrieben wird.
  • Nutzer haben ein Registrierungsprofil zu erstellen und ihren Vornamen, Nachnamen sowie Adresse anzugeben, sowie einen öffentlich sichtbaren Nutzernamen.
  • Der Diensteanbieter ist hinsichtlich der technischen Umsetzung an keine bestimmte Technologie gebunden. Er muss jedoch die dafür Sorge tragen, dass die Überprüfbarkeit der Identität des Nutzers gewährleistet ist.
  • Zur Durchsetzbarkeit der dem Diensteanbieter auferlegten Pflichten, insbesondere bei nicht in Österreich ansässigen Diensteanbietern, ist ein verantwortlicher Zustellbevollmächtigter zu bestellen. Dieser soll unverzüglich erreicht werden können. Dadurch wird die tatsächliche Rechtsdurchsetzung ermöglicht.
  • Die KommAustria als Aufsichtsbehörde kann Geldbußen gegen Diensteanbieter und Geldstrafen über von diesen zu bestellende verantwortliche Beauftragte verhängen, wenn diese den Verpflichtungen im Gesetz nicht entsprechen

Das neue “Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz – digitales Vermummungsverbot” wird noch diese Woche in Begutachtung geschickt werden.

Identitätsfeststellung durch Forumsbetreiber

Entgegen der Anfang der Woche in diversen Medien kolportierten Registrierungspflicht per Mobiltelefon bzw. Registrierung über Mobilfunkbetreiber hat ausschließlich der Forenbetreiber für die Feststellung und die Überprüfung der Identität des Nutzers auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen, zu sorgen. Ob das nun  über eine technische Lösung wie z.B. einem Video-Ident-Verfahren erfolgt, oder durch persönliches Vorlegen der Dokumente, bleibt dem Forenbetreiber überlassen. Jedenfalls ist dieser bzw. der von ihm genannte verantwortliche Beauftragte haftbar und mit einer sehr hohen Geldstrafe bedroht.

Übermittlungspflichten

Im Falle eines begründeten Verlangens muss der Forenbetreiber Vornamen, Nachnamen sowie die Adresse des Posters bekanntgeben. Ein solches liegt vor, wenn die Feststellung der Identität des Posters eine unabdingbare Voraussetzung bildet, um wegen des Inhalts eines Postings gegen diesen Poster mittels Privatanklage wegen übler Nachrede (§ 111 Abs. 2 StGB) oder wegen Beleidigung (§ 115 StGB) strafgerichtlich oder wegen Verletzungen an der Ehre (§ 1330 ABGB) zivilgerichtlich vorzugehen.

Aufbewahrungsverpflichtung

Ein weiterer Punkt im neuen Gesetz, der zu heftigen Diskussion führen könnte, da es eine Art Vorratsdatenspeicherung ist, ist die Verpflichtung, Postings sechs Wochen lang zu speichern, auch wenn der Poster seine Registrierungsdaten bereits gelöscht hat. Im geplanten Gesetz ist dazu Folgendes festgehalten: “Der Dienstanbieter hat von den in einem Forum veröffentlichten Postings Aufzeichnungen herzustellen, die eine vollständige und originalgetreue Wiedergabe ermöglichen, und diese gemeinsam mit dem Vornamen und Nachnamen und der Adresse des Posters sechs Wochen lang aufzubewahren.”

Nahezu alle heimischen Medien betroffen

Neben facebook, instagram und twitter werden ein Großteil der heimischen Medien, die ein Forum betreiben, von diesem Gesetz umfasst sein. Konkret trifft es alle, die entweder mehr als 100.000 registrierte Nutzer haben, oder einen Jahresumsatz, der größer als 500.000 Euro ist, erzielen, oder in einem Kalenderjahr mehr als 50.000 Euro Fördermittel nach dem Presseförderungsgesetz erhalten haben.

Ausgenommen sind Plattformen wie willhaben.at, booking.com und ähnliche. Konkret heißt es: “Ausgenommen sind unabhängig von Nutzerzahl und Umsatz solche Online-Informationsangebote, bei denen nur für den Online-Verkauf oder -Tausch oder für die Online-Vermittlung von Waren oder Dienstleistungen, insbesondere mit Bewertungs-Möglichkeit oder Support-Funktion, ein Forum eingerichtet oder betrieben wird”.

Spannende Gesetzesbegutachtung

Das von Bundesminister Gernot Blümel vorgelegte Gesetz soll noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden. Bis dahin gibt es noch ein öffentliches Begutachtungsverfahren, und es wird spannend sein, wie die diversen heimischen Medien Stellung beziehen werden. Wie schon in der vorangegangenen Diskussion ersichtlich, wird das Fellner-Blatt Österreich den Entwurf bejubeln, der rosa Standard die Gegenpostion beziehen. 

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